Juli 12

¡Felicitaciones sinceras España!

¡Felicitaciones sinceras España!

Herzlichen Glückwunsch Spanien!

Johannesburg, 11.07.2010. (re) Nach 120 Spiel-Minuten stand es fest. Spanien ist verdient neuer Fußball-Weltmeister. Herzlichen Glückwunsch, Spanien!

Nach einem über weite Strecken zähem Spiel ging es in die Verlängerung. In der 116 Minute schoss Iniesta dann endlich das erlösende Tor. Ganz Spanien jubelt! Verdient ist der Titel nicht zuletzt auch, weil die Niederlande dem überlegenen spanischen Spiel in weiten Teilen nur mit teils rücksichtsloser Härte begegnen konnten. Entsprechend standen sie am Ende auch nicht mehr vollzählig auf dem Platz. Und so konnte nach unzähligen Anläufen das Fußball-Land Spanien den Titel Fußball-Weltmeister das erste Mal für sich erstreiten. Nochmals: ¡Felicitaciones sinceras España!

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Juli 5

Du bist für deine Rose verantwortlich

Buchvorstellung

Antoine de Saint-Exupéry

Der kleine Prinz

Mit Zeichnungen des Verfassers.

Ins Deutsche übertragen von Grete und Josef Leitgeb.

Neuausg. 53. Aufl.

Düsseldorf: Karl Rauch Verlag, 1998 [1943/1946(1)]

Broschiert, 96.

ISBN 3-7920-0027-X

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

„…  Das ist für mich die schönste und traurigste Landschaft der Welt. Es ist die gleiche Landschaft wie auf der vorletzten Seite, aber ich habe sie nochmals hergezeichnet, um sie euch ganz deutlich zu machen. Hier ist der kleine Prinz auf der Erde erschienen und wieder verschwunden. Schaut diese Landschaft genau an, damit ihr sie sicher wiedererkennt, wenn ihr eines Tages durch die afrikanische Wüste reist. Und wenn ihr zufällig da vorbeikommt, eilt nicht weiter, ich flehe euch an – wartet ein bißchen, gerade unter dem Stern! Wenn dann ein Kind auf euch zukommt, wenn es lacht, wenn es goldenes Haar hat, wenn es nicht antwortet, so man es fragt, dann werdet ihr wohl erraten, wer es ist. Dann seid so gut und laßt mich nicht weiter so traurig sein: schreibt mir schnell, wenn er wieder da ist … „

Rezession und Hintergrund

(re) … so endet die Erzählung. „Der kleine Prinz“ ist ein schönes Büchlein für kleine wie große Menschen. Leserin und Leser bekommen die teils märchenhafte, teils amüsante, teils nachdenkliche und auch traurige Geschichte des kleinen Prinzen erzählt, der – von einem Asteroiden kommend – eine lehrreiche Reise über die Erde unternimmt. Zusammen mit ihm erfahren Leserin und Leser viel vor allem über Freundschaft – und somit auch Liebe, aber ebenso über die Menschlichkeit und den täglichen Irrsinn unserer modernen Gesellschaft. Die Erzählung ist eine Art Märchen und erscheint der Aufmachung und Wortwahl nach als Kinderbuch. Auch widmet Antoine de Saint-Exupéry sein Buch einem Kind. Und Kinder werden es möglicherweise auch leichter verstehen(?). Im Kern richten sich seine Botschaften aber an jeden Menschen. Gerade für Erwachsene kann es – Offenheit und Verständniswillen vorausgesetzt – also ein guter Wegweiser zur Besinnung auf das Wesentliche sein. Und wer wissen will, welches Geheimis der Fuchs für den Kleinen Prinzen hat, der sollte eigentlich das Büchlein ohnehin lesen … oder …

„Adieu“, sagte der Fuchs. „Hier mein Geheimnis. Es ist ganz einfach: man sieht nur mit dem Herzen gut. Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“
„Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
„Die Zeit, die du für deine Rose verloren hast, sie macht deine Rose so wichtig.“
„Die Zeit, die ich für meine Rose verloren habe …“, sagte der kleine Prinz, um es sich zu merken.
„Die Menschen haben diese Wahrheit vergessen“, sagte der Fuchs. „Aber du darfst sie nicht vergessen. Du bist zeitlebens für das verantwortlich, was du dir vertraut gemacht hast. Du bist für deine Rose verantwortlich …“
„Ich bin für meine Rose verantwortlich“, wiederholte der kleine Prinz, um es sich zu merken.

Das Buch erschien 1943 mit dem Original Titel „Le Petit Prince“ in den USA und wurde später in zahlreiche Sprachen übersetzt.

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Juli 4

Sinn und Aufgabe unseres Daseins

Buchvorstellung

Karl Jaspers

Kleine Schule des philosophischen Denkens.

Ungek. Taschenbuchausg.

München: Piper, 1997 [1965(1)].

Taschenbuch, 183.

ISBN 3-492-20054-0

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

„…Wir sind sterblich als lieblose, unsterblich als liebende …“[1]

(re) Philosophieren heißt, das Gegebene hinterfragen. Das philosophische Denken ist kritisch; es stellt eine einmal gefundene Wahrheit schon bald wieder in Frage. Denn der philosophisch denkende Mensch will keiner Täuschung verfallen. Und so bedeutet philosophisches Denken das Hinterfragen der Welt – vom „bestirnten Himmel über mir“ bis hin zum „moralischen Gesetz in mir“ (Kant), von der Geburt bis zum Tod, vom toten Stein hin zum lebenden Wesen, den Menschen ebenso wie Gott. Dieses Hinterfragen ist aber nicht gleichzusetzen mit der absoluten Verneinung aller Existenz. Vielmehr sucht dieses Hinterfragen nach dem, was standhält – wie der Menschlichkeit, dem kategorischen Imperativ, Freundschaft, Liebe. In seiner „Kleinen Schule des philosophischen Denkens“ will Karl Jaspers dann auch nicht Philosophie lehren, sondern allenfalls das Philosophieren. Ursprünglich als Radiovorträge geschaffen wandert Jaspers in dreizehn Kapiteln mit der Leserschaft vom Kosmos über den Menschen, die Politik und die allem erst Sinn verleihende Liebe in all ihren Facetten bis hin zum Tod und zur überlieferten Philosophie. Geistreich und verständlich geschrieben bekommen Leserinnen und Leser einen Einblick in die Jaspersche Philosophie, in seine kritischen Gedanken und eben auch in das Philosophieren.

Wer nicht in unwissender Selbstvergessenheit sterben will, sondern wer mit wachem Blick die Welt und seine eigene Existenz ergründen will, wie sie ist, kann dies nicht ohne ein im Kern philosophisches Denken. Für den Aufbruch, sich auf diese Denkweise einzulassen, kann dieses kleine Buch erste Denkanstöße geben.

Karl Jaspers war Wissenschaftler, Arzt und Psychiater, er war vielleicht der bedeutendste Philosoph des zwanzigsten Jahrhunderts, und er war ein kritischer politischer Schriftsteller. Hannah Arendt sagte von ihm, er sei „in … eigentlich jeder Hinsicht der einzige Nachfolger …, den Kant je gehabt hat“[2]. Für Jaspers war Philosophie nie eine Sache für den akademischen Elfenbeinturm, sondern immer für den einzelnen denkenden und fühlenden Menschen. Entsprechend hat er auch immer wieder die akademischen Mauern verlassen und die Öffentlichkeit gesucht. Von manchem Zeitgenossen als unbequem empfunden hat er nicht nur zu philosophischen Fragen Stellung bezogen, sondern auch zu politischen (was ja ohnehin nicht wirklich trennbar ist). Die Forderung nach Menschlichkeit sprach immer wieder aus seinen Worten. Die Frage nach der Existenz, die Kommunikation mit anderen Menschen als existenziell wesentlich, die Erörterung von Vernunft als oberstem Erkenntnisvermögen sind zentrale Themen in seiner Philosophie. Und vor diesem Hintergrund erörtert Jaspers in seiner Philosophie besonders die Liebe als existenziell wesentliche positive und eigentlich sinnstiftende Kraft. „Liebend sehe ich erst, was eigentlich ist.“[3] Im liebenden Kampf finden die Liebenden zu sich und zu einander. Kommunikation bekommt hier ihren ganz besonderen Sinn, denn nur in Kommunikation erfahren wir Wesentliches.

Ein lesenswertes Buch, das zur Zeit leider nicht verlegt wird.

Umschlagtext:

Denken als Staunen vor dem Sein

»Bei den einzelnen Vorlesungen gehe ich aus von anschaulichen Erfahrungen, von Realitäten der Natur, Lebenswirklichkeiten, Überlieferungen, um jeweils an die Grenze zu gelangen, wo die Fragen auftreten, die keine Wissenschaft beantwortet. Dort erfahren wir das Staunen vor dem Sein. Dort fragen wir nach dem Sinn und der Aufgabe unseres Daseins.«

[1] Jaspers, Karl: Kleine Schule des philosophischen Denkens. Ungek. Taschenbuchausg. München: Piper, 1997 [1965(1)], S. 165.

[2] Arendt, Hannah: Humanitas. Laudatio anlässlich der Verleihung des Friedenspreises des Deutschen Buchhandels an Karl Jaspers 1958. Frankfurt am Main: Börsenverein des deutschen Buchhandels, o. J. [1958], S. 3 (http://www.boersenverein.de/sixcms/media.php/806/1958_jaspers.pdf).

[3] Jaspers, Karl: Von der Wahrheit. Lizenzausg. Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 1983 [1947 (1)], S. 991.

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Juni 30

Eine mit Gewalt imprägnierte Gesellschaft

Buchvorstellung

Wolfram Wette

Militarismus in Deutschland: Geschichte einer kriegerischen Kultur.

Lizenzausg.

Darmstadt: Wissenschaftliche Buchgesellschaft, 2008.

Gebunden, SU, 309.

Bestellnummer: 21643-1

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Anschaulich und kompetent zeigt Wolfram Wette, dass die Wurzeln des deutschen Militarismus zurück reichen bis zu Friedrich I., dem ersten „König in Preußen“. Von Anbeginn waren Krieg und Militäradel zentrale Stützen des preußischen Staates. Der König war Kriegsherr und Gesetzgeber, die Adligen Gutsherren und Offiziere in der Armee. Die damit verbundene militärische Durchdringung der Gesellschaft verfestigte sich über die Jahrzehnte zunehmend. Mit der Gründung des Deutschen Kaiserreichs 1871 drückte Preußen seinen Stempel schließlich dem gesamten politischen Verbund auf. Bis zum Ende des Reiches 1918 blieb das preußische Militär der entscheidende Machtfaktor im gesamten Deutschen Kaiserreich.  Der preußische Militarismus lebte auch danach im Deutschen Reich weiter und führte schließlich mit in den grauenvollen und verbrecherischen Zweiten Weltkrieg.  Davon beeindruckt war dieser Militarismus zumindest in Westdeutschland über viele Jahrzehnte kaum sichtbar, wenn auch nicht verschwunden! Die Bundeswehr verstand sich (nach anfänglichen Negativtendenzen!) als der Demokratie verpflichtete reine Verteidigungsarmee, beanspruchte aber wie seine Vorläuferarmeen eine herausgehobene gesellschaftliche Stellung. Die westdeutsche Zivilgesellschaft kann in weiten Teilen als entmilitarisiert angesehen werden. Seit der Wiedervereinigung der beiden deutschen Staaten ändert sich nun der politische Stellenwert des Militärs aber wieder zunehmend, und es sind rückläufige Tendenzen zu erkennen. Sowohl der Einsatz des Militärs als Mittel der Außenpolitik als auch die latente Diskussion über den Einsatz von bewaffnetem Militär im Landesinnern zeigen eine Abkehr von der „friedlichen“ Nachkriegspolitik in eine gefährliche Richtung.

Umschlagtext:

Dass eine mit Gewalt imprägnierte Gesellschaft zu gegebener Zeit eine Eigendynamik entfalten, dass sie sich sogar als ein Treibhaus für Katastrophen erweisen kann, diese uns heute einleuchtend erscheinende Einsicht musste im 20. Jahrhundert teuer erkauft werden.

Wolfram Wette, weithin bekannt als einer der wichtigsten – kritischen – Militärhistoriker, macht mit seinem neuesten Werk deutlich, dass weiterreichende Erkenntnisse über die Genese des preußisch-deutschen Militarismus und der zwei Weltkriege aber erst gewonnen werden können, wenn bewusst wird, wie tief das Militär in Struktur und Mentalität der deutschen Gesellschaft besonders vom Kaiserreich an bis in die Zeit des Nationalsozialismus verwurzelt war. Einflüsse des Militärs auf die Politik, die Wissenschaft und die Wirtschaft, sozialer Militarismus, Gewaltverherrlichung, Kriegsideologien, Freund-Feind-Denken, nationalistische und rassistische Ideologien, militaristische Erziehung, Interessen der Rüstungsindustrie und andere Erscheinungen sind als Bestandteile eines größeren Ganzen aufzufassen.

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Juni 30

Die Zertrümmerung der alten preußischen Armee

Buchvorstellung

Arthur Rosenberg

Entstehung der Weimarer Republik.

Hrsg. u. eingel. v. Kurt Kersten.

16. unveränd. Aufl.

Frankfurt a. M: Europäische Verlagsanstalt, 1974 [1961(1)].

Broschiert, 267.

ISBN 3-434-00002-X

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Arthur Rosenberg zeigt in seinem intelligenten und kritischen Buch zunächst die Verbindung von der Gründung des Deutschen Kaiserreichs in Versailles bis zu dessen Ende ebendort. Sodann schildert er ausführlich und ohne deutschen Pathos den Verlauf des Ersten Weltkrieges. Deutlich und kritisch belegt er die Verantwortung des deutschen (preußischen) Militärs aber auch der politischen Kräfte von Rechts bis Links. Er zeigt die Macht der Obersten Heeresleitung (OHL), die faktisch eine Militärdiktatur über Deutschland errichtet hatte. Keinen Zweifel lässt er an der Verantwortung der OHL für die Niederlage und verbannt damit die „Dolchstoßlegende“ in eben das Reich der Legenden. Und so stellt Rosenberg einleiten auch fest: „… die entscheidende Neuerung [der in Weimar geschaffenen Republik] liegt in der Zertrümmerung der alten preußischen Armee durch die Niederlage im Westen, durch die Revolution und durch den Versailler Frieden …“. – Dass diese Zertrümmerung aber nicht zum Ende des Militarismus in Deutschland geführt hat, wird sich zwei Jahrzehnte später grausam offenbaren.

Umschlagtext:

Professor Rosenberg hatte für dieses Buch den unschätzbaren Vorteil, Quellen verwenden zu können, die anderen Autoren nicht mehr zur Verfügung stehen. Seine Tätigkeit im Untersuchungsausschuß des Deutschen Reichstages für die Ursachen des deutschen Zusammenbruches gab ihm Gelegenheit, die Hauptakteure jener Epoche persönlich zu befragen und in Material Einsicht zu nehmen, das heute nicht mehr zugänglich ist.

… Das kluge Buch ist aufschlußreich für die innere Entwicklung des demokratischen Staates, es ist aufschlußreich für die Fehler seiner Führung ohne Größe und Weitblick. Es ist zugleich ein belebendes Zeugnis für die gebändigte Leidenschaft eines Gelehrten und Politikers. – Bücherei und Bildung

… ein Buch, das wegen seiner Scharfsinnigkeit, Originalität und großartigen Unbefangenheit wahrlich einen ungewöhnlichen Rang beanspruchen darf. – Südwestfunk

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Juni 23

Spuren des Unrechtsstaats im Freistaat Braunschweig

Buchvorstellung

Gerhard Wysocki

Die Geheime Staatspolizei im Land Braunschweig

Polizeirecht und Polizeipraxis im Nationalsozialismus

Frankfurt//Main; New York: Campus Verlag, 1997.

Kartoniert, 367.

ISBN: 3-593-35835-2

[Die Quellenangabe bezieht sich auf die der Rezension zugrunde liegende Ausgabe]

Rezension und Hintergrund

(re) Der Rechtsstaat war im Dritten Reich faktisch aufgehoben. Die Gerichte urteilten ohnehin meist  opportun zu den Machthabern. Noch schwerwiegender war allerdings, dass die Polizei und vor allem die Geheime Staatspolizei (Gestapo) völlig unabhängig von Gerichtsurteilen Menschen inhaftieren, foltern und auch töten konnte, durfte und sollte. Dies geschah zu Hauf im gesamten Deutschen Reich. Von diesem menschenverachtenden Abschnitt deutscher Geschichte berichtet diese Buch bezogen auf das Land Braunschweig. Braunschweig mit seinem überzeugten Nationalsozialistischen Ministerpräsidenten Dietrich Klagges war von Beginn an ein „braunes“ Musterland.

Umschlagtext:

„Die Polizei besaß im Nationalsozialismus nahezu unkontrollierte Befugnisse. Verhaftungen aus politischen Gründen, unbegrenzte Inhaftierung, Sonderbestrafungen und Hinrichtungen – alles schien ihr erlaubt. Das Buch zeigt die Herrschaftspraxis der Geheimen Staatspolizei in Justiz, Verwaltung und Gesellschaft am Beispiel des Landes Braunschweig. Neben rechts- und organisationsgeschichtlichen Grundlagen werden erschütternde Ereignisse geschildert, die die Herrschaftsmechanismen der Gestapo beleuchten.“

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Juni 18

E-Mail-Archivierung

Die Archivierung geschäftlicher E-Mails wird vernachlässigt

In vielen, vor allem kleineren Firmen existiert seit einiger Zeit ein meist unbekanntes rechtliches Risiko. Geschäftliche E-Mails werden nicht dauerhaft archiviert.

Wolfenbüttel. (re) Die Nutzung des Internets ist mittlerweile allgemein üblich. Das hat dazu geführt, dass die elektronische Post auch im geschäftlichen Bereich alltäglich genutzt wird. Anfragen, Angebote oder auch Rechnungen werden immer häufiger per E-Mail ausgetauscht. Allein 2006 wurden weltweit mehr als 22 Milliarden geschäftliche E-Mail-Nachrichten versandt. Viele Gewerbetreibende beachten dabei bisher aber nicht ihre Buchführungspflicht. Wie jedes für den Geschäftsbetrieb ausgetauschte Papierdokument müssen auch E-Mails dauerhaft sicher aufbewahrt werden.

Handels- und steuerrechtliche Vorschriften

In den handels- und steuerrechtlichen Vorschriften werden Buchführungspflichten und damit zusammenhängende Aufbewahrungspflichten festgelegt. Die Grundlagen hierfür finden sich im Handelsgesetzbuch (HGB), in der Abgabenordnung (AO) und im Umsatzsteuergesetz (UStG). Neben diesen gesetzlichen Grundlagen gelten die Grundsätze ordnungsgemäßer Buchführung (GoB) und die Grundsätze ordnungsmäßiger DV-gestützter Buchführungssysteme (GoBS). Diese Grundsätze sind nur zum Teil schriftlich festgehalten und leiten sich aus den Gesetzen und Verordnungen her wie auch aus der Wissenschaft, aus der Praxis, aus Empfehlungen von Verbänden und aus der Rechtsprechung. Ergänzt wird dies schließlich noch durch die Grundsätze zum Datenzugriff und zur Prüfbarkeit digitaler Unterlagen (GDPdU). Aus den genannten Vorschriften ergibt sich eine Archivierungspflicht über einen Zeitraum von sechs beziehungsweise zehn Jahren. Tatsächlich ergeben sich in der Regel sogar noch längere Zeiträume, da die Archivierungspflicht erst mit dem Abschluss des letzten das Buchungsjahr betreffenden Vorganges beginnt.

Kleine und mittlere Unternehmen

Vor allem in kleinen und mittleren Unternehmen ohne große IT-Infrastruktur wird der elektronischen Geschäftskorrespondenz noch nicht die gleiche Bedeutung beigemessen wie den Papierbelegen. Dies kann unter Umständen aber erhebliche finanzielle und auch rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen. Neben einer möglichen Steuerschätzung können Verstöße gegen die Archivierungspflicht durchaus auch zu strafrechtlichen Konsequenzen führen.

Geld- oder Freiheitsstrafen

Eine vorsätzliche Verletzung der gesetzlichen Aufbewahrungspflichten ist nach StGB mit Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bedroht. Außerdem liegt bei einer Verletzung der steuerlichen Archivierungspflichten keine ordnungsgemäße Buchführung vor, weshalb unter Umständen auch eine Schätzung der Besteuerungsgrundlagen droht.

Abgesehen von der rechtlichen Sicherheit bringt die rechtssichere Archivierung aber auch weitere Vorteile mit sich. So ist der Zugriff auf die E-Mails vereinfacht und versehentlich gelöschte E-Mails sind nicht dauerhaft verloren. In den E-Mails enthaltene Informationen können also über den gesamten Archivierungszeitraum in kurzer Zeit wieder aufgefunden werden.

Insgesamt ist es ratsam, dem Thema E-Mail-Archivierung nicht weiter zu vernachlässigen. Technische Lösungen sind vorhanden und können von kompetenten IT-Fachbetrieben auch angeboten werden.

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Juni 10

I. „Tapfer“ sterben für …

„Tapfer“ sterben für …

… ja für was denn?

Sollten deutsche Soldaten wirklich in der ganzen Welt kämpfen?

Gedanken zum Zeitgeist I – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

43 Soldaten der Bundeswehr sind bisher allein in Afghanistan gestorben.[1] Wie viele Menschen in diesem Auslandseinsatz von deutschen Soldaten getötet wurden, ist vermutlich unbekannt. Unvermeidlich unserer Kenntnis entzieht sich das Leid, welches durch diesen Einsatz in die Welt getragen wurde – bei allen beteiligten Menschen. Sicher ist, dass unzählige Menschen um den Verlust eines geliebten Menschen trauern. Jedes Mal Schmerzen, die nicht mehr verschwinden wollen – das Kind ohne Vater, der Bräutigam ohne Braut.

Sicher ist ebenso, dass unzählige Soldaten traumatisiert nach Hause kommen. Auch hier, Schmerzen, die nicht mehr verschwinden wollen – die Schuld am Tot anderer Menschen, oder dem eigenen Tod gerade noch einmal entronnen. Das ist der Preis für die deutsche Außenpolitik seit der Wiedervereinigung!

Wir tragen die Verantwortung

Doch, muss das zwingend so sein? Und, wofür kämpfen unsere Soldaten denn überhaupt? Und wissen diese Soldaten eigentlich von Anfang an, welchen Beruf sie letztendlich ausüben? – Und sind wir Bürgerinnen und Bürger uns überhaupt bewusst, dass wir für all das angerichtete Leid die Verantwortung tragen? In einer Demokratie ist der Souverän das Volk![2] Die Soldatinnen und Soldaten (junge Menschen, die meist noch keine Vorstellung von Tod und Sterben haben; und die nicht wissen, wie es sich anfühlt, einen Menschen zu töten) haben sich in ihrem Eid unserer Freiheit und unserer Verfassung verpflichtet, letztlich also uns als Volk.[3] Wir tragen also die Verantwortung dafür, was diesen Menschen widerfährt und was diese Menschen in der Welt anrichten. Also sollten wir für uns all diese Fragen beantworten.

Anderen Nationen ein Vorbild sein

Muss Deutschland seine Soldaten in die Welt schicken? Ich denke, nein. Für Frieden und Freiheit kann in der Regel mit nichtmilitärischen Mitteln effektiver und glaubwürdiger gehandelt werden. Im 21ten Jahrhundert kann und darf der Einsatz von Militär nur noch das wirklich letzte Mittel, die Ultima Ratio sein! Und vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte gibt es gerade für Deutschland eigentlich auch eine für jeden vernünftigen Menschen nachvollziehbare (Selbst-)Verpflichtung, einen friedlichen Weg zu gehen. Das würde zeigen, dass Deutschland aus der Geschichte gelernt hat und anderen Nationen ein Vorbild sein kann.

Außenpolitik des 19ten Jahrhunderts

Wofür kämpfen unsere Soldatinnen und Soldaten überhaupt? Der Eid spricht von „Recht und Freiheit“. Aber wird unsere Freiheit tatsächlich am Hindukusch bedroht und somit auch verteidigt? Herr Köhler hat es ungeschickterweise ausgesprochen (und wohl, damit darüber nicht weiter diskutiert wird, ist er schnell zurückgetreten). Tatsächlich werden die meisten bewaffneten Konflikte aus wirtschafts- und machtpolitischen Gründen ausgetragen. Und mindestens solange in Deutschland mit der Produktion und dem Export von Kriegswaffen Milliardenumsätze[4] gemacht werden, ist jedes militärische Argument scheinheilig. Bestenfalls müssen die Soldaten den Käufern der Waffen diese wieder aus der Hand schlagen. Doch, wie wir aus den Worten des ehemaligen Bundespräsidenten entnehmen können, geht es tatsächlich wohl ohnehin eher um eine Rückkehr zur Außenpolitik des 19ten Jahrhunderts – im Einvernehmen mit einer global ziemlich sorglos agierenden Wirtschaft.

Politik wird mit dem Leid anderer Menschen bezahlt

Der Zynismus einer solchen Politik schreit einen förmlich an. Denn diese Politik wird wissentlich mit dem Leid anderer Menschen bezahlt. Mindestens einige hundert Menschen sind seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges mittlerweile wieder durch den Einsatz deutscher Soldaten getötet worden, viele andere verstümmelt oder traumatisiert. Menschen aus fernen Ländern, die häufig nicht einmal wissen, wo Deutschland liegt. Und Soldaten, die im Vertrauen auf das Verantwortungsbewusstsein der politischen Führung ihre eigene Entscheidungsfreiheit an diese Führung abgegeben haben. Zumindest zu Beginn ihrer Dienstzeit sind diese Soldaten zudem junge Menschen, die sich von Geld und Abenteuer locken lassen und keine Vorstellung davon haben, was sie in einer tatsächlichen Gefechtssituation erwartet. Der „normale“ Arbeitstag eines Soldaten kann mit dem Tod enden – oder mit dem Trauma, Menschen getötet zu haben. Ich bin mir sicher, diese Tatsache ist vielen Soldaten bei ihrer Entscheidung für diesen Beruf in ihrer ganzen Tragweite nicht bewusst. Denn ihr Gewissen befragen müssen die Menschen, die den Dienst an der Waffe ablehnen, nicht die, die die Waffe in die Hand nehmen!

Persönliche politische Entscheidungen

Möglicherweise gibt es auch nachvollziehbare Argumente für die Kampfeinsätze der Bundeswehr. Aber am Ende der persönlichen Auseinandersetzung mit den genannten Fragen komme ich immer zu der Frage nach meiner eigenen Menschlichkeit. Im Bewusstsein der genannten Tatsachen sollte sich jede Bürgerinnen und jeder Bürger in Deutschland fragen, ob sie und er die Kampfeinsätze deutscher Soldaten im Ausland verantworten kann. – Kann ich es verantworten, Menschen diesem Leid auszusetzen? Oder gibt es nicht auch andere, weniger leidvolle Wege? Und die gefundenen Antworten auf diese wirklich existenziellen Fragen sollten die Basis bilden für die persönlichen politischen Entscheidungen – bei Wahlen, in Parteien, in Diskussionen.

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Quellen

[1] http://www.spiegel.de/flash/flash-23114.html, 5. Mai 2010.

[2] Art. 20 GG Abs. 2 Satz 1: Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus.

[3] „Ich schwöre der Bundesrepublik Deutschland treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen.“ §9 Soldatengesetz, Eidesformel für Berufssoldaten und Soldaten auf Zeit der Bundeswehr.

[4] Z. B. http://www.abendblatt.de/wirtschaft/article1421593/U-Boot-Verkauf-treibt-deutsche-Ruestungsexporte-an.html, 16. März 2010.

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Gedanken zum Zeitgeist

In den Gedanken zum Zeitgeist erscheinen in loser Folge kritische Kommentare zur aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklung in Deutschland und der Welt. Die einzelnen Gedanken zum Zeitgeist fokusieren in der Regel ein Thema und setzen auch unterschiedliche Schwerpunkte.  Grundsätzliche Standpunkte wie auch der philosophische Unterbau werden dabei nicht jedes Mal neu dargelegt. Für ein besseres Verständnis der Basis der geäußerten Kritik ist es also sinnvoll, nach und nach alle Gedanken zum Zeitgeist zu lesen und auch die Seite Ostfalen-Spiegel.

I. Tapfer sterben für …

II. Der Finger in der Wunde

III. Die Demokratie lebt vom Diskurs

IV. Mehr Schein als Sein

V. Begründung einer Hoffnung

VI. Wer das Geld hat –

VII:.…

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Mai 30

Danke Lena!

Love, Peace and Harmony

Danke Lena! Dein Erfolg gibt Hoffnung

Kommentar

Von Rainer Elsner

Oslo, Norwegen, 29. Mai 2010, ganz Europa feiert gemeinsam den Eurovision Song Contest. Der Abend ist fortgeschritten, die Beiträge der 25 qualifizierten Länder sind gesungen. Alle warten auf die Ergebnisse. Und in dieser Wartezeit wird ein stimmungsvolles Video gezeigt, in dem von Madrid bis Moskau und von Island bis Istanbul unzählige fröhliche Menschen simultan zur gleichen Musik tanzen. Ein unterhaltsamer Abend, ein wunderschöner Augenblick – ein Augenblick, den wir unbedingt in unserer Erinnerung halten sollten. Denn er steht für eine Entwicklung in Europa, die nicht selbstverständlich ist und ohne ständiges Bemühen auch nicht bleiben wird!

Berlin, Paris, London, … 1914, keine hundert Jahre ist es her, da marschierten noch fröhliche Soldaten simultan zur „gleichen Musik“ in den Ersten Weltkrieg. Mit Blumen und jubelnd verabschieden Väter ihre Söhne, Frauen ihre Männer, damit sie für ihr Vaterland ihre Nachbarn töten. Krieg gilt als rechtmäßiges Mittel der Außenpolitik. Für den wirtschaftlichen Vorteil dürfen Menschen getötet werden. Das britische Empire für die Schätze Indiens, die französische Republik in Nordafrika, das deutsche Kaiserreich für Kolonien in Übersee. Das ist längst Geschichte? Mit Nichten! Wer den jüngsten Äußerungen des Bundespräsidenten Horst Köhler (CDU) aufmerksam gelauscht hat, wähnt sich fast schon wieder im 19. Jahrhundert. Dieser verfassungsrechtliche Skandal bedarf sicher einer eigenen Würdigung. In dieser fröhlichen und ausgelassenen Stunde sollen andere Menschen gewürdigt werden.

Mit natürlicher Heiterkeit, authentisch im Auftreten und mit einem ansprechenden Song erobert eine junge Frau die Herzen der Europäerinnen und Europäer, indem sie von Liebe singt – und das lässt hoffen! Manch deutscher Politiker hat zwar scheinbar schon wieder vergessen, warum unsere Verfassung einen Angriffskrieg verbietet und den Kampfeinsatz deutscher Soldaten auch nur in engen Grenzen zulässt. Doch die Menschen in Deutschland haben dies noch nicht. Während manch Politiker das Volk wieder in die „gute alte – vordemokratische – Zeit“ führen will, schicken die Menschen eine Botschafterin der Freude zu ihren Nachbarn! Und die Menschen in den anderen Ländern haben diese Botschaft verstanden. Sie wählen die fröhliche Lena aus Deutschland auf den ersten Platz. Herzlichen Glückwunsch Lena! Herzlichen Glückwunsch Europa! Und auch herzlichen Glückwunsch Deutschland!

Doch keine Feier ohne Kater. In diesem Augenblick ist es wichtig, das Grundsätzliche zu erkennen: Der Fortschritt im Zusammenleben der Menschen bleibt nur erhalten, wenn sich die Menschen – jeder einzelne Mensch – fortwährend dafür einsetzen. Und das Leiden in der Welt zeigt weiterhin, dass wir Menschen unverändert viel Arbeit vor uns haben!

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Mai 4

Ökologie in Lehre und Forschung

Rainer Elsner

Ökologie in Lehre und Forschung.

Hochschulreihe Band X.

Wolfenbüttel: Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel, 1994.

Kartoniert, XXII, 244.

ISBN 3-925884-10-6

Das Buch kann hier als PDF-Datei (1.775 kB) geladen werden. Das Werk ist urheberrechtlich geschützt. Bitte beachten Sie den entsprechenden Vermerk im Impressum des Buches.

Grundlage für diese Veröffentlichung ist  die textgleiche Diplomarbeit Ansatzpunkte ökologisch verträglicher Arbeit in Lehre und Forschung – erörtert am Beispiel der Fachhochschule Braunschweig/Wolfenbüttel. Die interdisziplinäre Abschlußarbeit wurde im Januar 1994 im Fachbereich Versorgungstechnik vorgelegt. Nachfolgend findet sich die am Schluß der Arbeit stehende Zusammenfassung (die Überschriften sind redaktionell ergänzt worden).

Ihr folget falscher Spur,

denkt nicht, wir scherzen!

Ist nicht der Kern der Natur

Menschen im Herzen?

Johann Wolfgang von Goethe

Zusammenfassung

Aufgabe ist es, Ansatz­punkte für eine ökologisch verträgliche Arbeit in Lehre und Forschung zu finden. Dies geschieht am Beispiel der Fachhochschule Braun­schweig/Wolfenbüttel.

Ökologische Krise

Vor dem Hintergrund der ökologischen Krise, die an Phänomenen wie Treib­hauseffekt und Ozonloch sichtbar wird, stellt sich die Frage nach den Ursachen dieser Krise und nach neuen Wegen in allen Bereichen der Gesellschaft. Es kann eine über­mäßige Technisierung der Welt festgestellt werden, und mittlerweile geraten im Denken der Menschen vorherrschende Weltbilder zunehmend ins Wanken. Wissen­schaft und Technik spielen bei all dem eine bestimmende Rolle. Vieles weist aber darauf hin, daß die Menschlichkeit im derzeitigen Geschehen keinen angemessenen Stellen­wert besitzt; vielmehr sind Entscheidungen und Handlungen oftmals durch unmensch­liche Züge gekennzeichnet. All diese Phä­nomene und die bisherigen Reak­tionen der Menschen deuten darauf: die Welt ist in starkem Maße vernetzt, die Menschen haben diese Vernetzung bisher aber nicht ausreichend wahrgenommen und berücksichtigt. Eine in diesen Zusam­men­hängen dringend erforderlich erscheinende philosophische Diskussion über die derzeitige Lage und neue, möglich erscheinende Wege ist in Wissenschaft und Gesellschaft bisher nur wenig und unzureichend anzutreffen.

Ökologie

In den zuvor beschriebenen Zusammenhängen spielt die Ökologie eine wichti­ge Rolle, weshalb auch die Bedeutung der Begriffe Ökologie und ökologisch geklärt werden muß. Die biologische Teildisziplin Ökologie beschäftigt sich mit den Wechsel­beziehungen und den Wechselwirkungen zwischen Organismen und zwischen diesen und der unbe­lebten Natur. Dabei hat nicht zuletzt die Huma­nökologie dazu geführt, daß fast alle Wissenschaftsdisziplinen heute in der Öko­logie Berücksichtigung finden. Die Wurzeln der Ökologie reichen historisch be­trachtet weit zurück. Die Ur­sprünge der heutigen Ökologie sind im 17. und 18. Jahrhundert zu finden, der Begriff Ökologie entsteht im 19. Jahrhundert und am Ende des 19. Jahrhunderts hat sich die Ökologie als eigenständige Wissenschaft eta­bliert. Im 20. Jahrhundert wandelt und entwickelt sie sich zur modernen Öko­logie mit der Ökosystemfor­schung.

Vielschichtige Ursachen der Krise

Die Ökologiediskussion, die dem Begriff Ökologie einen gesellschaftspoliti­schen Charakter gegeben hat, ist gerade für diese Arbeit von Bedeutung. Das Wachstums­streben ist überall anzutreffen, erscheint aber in dieser Form nicht mehr länger als tragbar. Die Zusam­menhänge zwischen patriarchalen Herr­schaftsstrukturen, der Unterdrückung von Frauen und der Zerstörung der Natur lassen das Unmenschliche im Denken und Handeln zahlreicher Menschen sicht­bar werden und deuten einmal mehr auf die ver­netzten Strukturen der Welt. Damit verbunden ist ein Wissenschafts­aberglaube, der die Einschränkungen des Erkenntnisvermögens des Menschen stark verkennt und aus dem ein ständiges Machenwollen entspringt. Die Ursachen der ökologischen Krise sind also sehr vielschichtig.

Philosophische Diskussionen

Einige Aufgaben, die der Ökologie zugesprochen werden – insbesondere das Zusammenführen der vielen Wis­senschaftsdisziplinen -, sind allerdings in der Philoso­phie besser aufgehoben. Genauer sind auf viele Fragen keine letzten Antworten mög­lich, weshalb sie in philosophischen Diskus­sionen erörtert wer­den sollten. Außerdem nehmen wir die Welt vor­nehmlich fragmentiert wahr. Da diese in Wirklichkeit aber stark vernetzt ist, sollte verstärkt ein vernetztes Den­ken er­lernt und nach vernetzten Strukturen gesucht werden. Eine eindeutige, feste Definition für die Begriffe Ökologie und ökologisch ist somit aber nicht möglich. Es kann aber allgemein gesagt wer­den, daß ökologisch verträgliches Handeln sich an den Gegebenheiten der Natur aus­richtet und nicht gegen diese arbeitet.

Für den Bereich der Hochschule heißt das, daß ihre Arbeiten kurzfristig sicher weiter an der Schadensbegrenzung und -beseitigung mitarbeiten sollten; lang­fri­stig ist aber ein Handeln im Einklang mit der Natur anzustreben, wobei die Zeit nicht mehr all zu lang erscheint, die zum Umdenken verbleibt.

Dokumentierte Arbeiten der Fachhochschule

Die hier dokumentierten Arbeiten aus Lehre und Forschung der Fachhoch­schu­le, die sich z.Z. mit Ökologie und Umweltschutz beschäftigen, bilden eine Grundlage für Ansatzpunkte zum ökologisch verträglichen Arbeiten. In der Lehre gibt es in allen Fachbereichen – allerdings in unterschiedlichem Umfang – Veran­staltungen, die sich entweder am Rande oder schwer­punkt­mäßig mit öko­logi­schen Fragestellun­gen beschäftigen. Auf Grund der starken Spezialisierung spie­len diese Fragen nicht überall im gleichen Maße eine wichtige Rolle und sind auf einzelne Fachbe­reiche und Studiengänge beschränkt. Auch aus dem Bereich Forschung und Ent­wicklung sind zahlreiche Arbeiten doku­mentiert, wobei hier ebenfalls ein Fachbe­reich (Versorgungs­technik) den ungleich größten Teil ab­deckt. Ein Schwerpunkt an dieser Hochschule ist die Energie­versor­gung und -einsparung, ein weiterer ist die Entsorgung und einen dritten Schwerpunkt bildet der Verkehr. Aber auch Umweltüberwachung und Technikkritik sind zu finden, wobei u.a. eine intensive­re Beschäftigung mit der Technikfol­genabschät­zung ge­fordert wird.

Knapp vierzig Prozent der Lehrenden dieser Hochschule haben eine Umfrage nach ökologischen Lehr- und Forschungsinhalten beantwortet. Dabei sahen nicht ganz zwanzig Prozent aller Befragten einen ökologischen Bezug in Teilen ihrer Arbeit. Im Vergleich mit anderen, vornehmlich niedersächsischen Hochschulen fällt die FH Braunschweig/Wolfenbüttel bisher nicht besonders auf. Allerdings spielen soziale und ökologische Fragen, zwischen welchen eine starke Verbin­dung besteht, noch an den meisten Hochschulen eine nachgeordnete Rolle.

Vernetzt in Umwelt und Gesellschaft

Bei kritischen Betrachtungen sind Hochschule und Wissenschaft vernetzt in Umwelt und Gesellschaft zu sehen. Daß sich trotz mittlerweile jahrzehntelanger Anstrengungen noch nicht allzuviel verbessert hat, ist u.a. auf eini­ge Begeben­hei­ten in Wissenschaft und Gesellschaft zurückzuführen, die den notwendi­gen Wan­del zu ver­hindern scheinen. Hervorstechende Phänomene sind die Vorherr­schaft kurzfristiger ökonomi­scher Interes­sen, die weitgehend unvernetzte Dis­zi­plin­orien­tierung der Wissen­schaft, die Forde­rung nach Wissenschaftlich- und Beweisbar­keit, ein auffälliges Prestigedenken und die Auswirkungen der Wis­sen­schaft in der Praxis.

Bei der Suche nach ‘neuen’ Wegen, ist auch die ‘ideale’ freie und offene Hoch­schule zu vergegenwärtigen. Für die Schaffung eines verstärkten Problem­bewußtseins könnten in der Lehre zunächst verstärkt fachübergreifende Studien­anteile und das Projektstudium eingeführt werden; beides soll in einem fachbe­reichsübergreifenden Rahmen stattfinden. Das gleiche gilt für den FuE-Bereich, der ohnehin wieder stärker mit der Lehre ver­netzt werden sollte. Auch für diesen Be­reich erscheint die verstärkte fachbereichs­über­greifende Zusammenarbeit notwendig, die nicht mehr disziplinorientiert stattfindet, sondern die sich an den Problemen orien­tiert. So ist beispielsweise bei der Lösung von Verkehrspro­ble­men die Planung eines vollständigen Verkehrssystems angebracht. In diesem wer­den von Strategien der Verkehrsvermeidung über verknüpfbare bzw. sich ergän­zende Verkehrsmittel bis hin zur Energieversorgung alle relevanten Berei­che berücksichtigt. Dabei wird dann auch die Verbindung zu anderen Problem­berei­chen wie z.B. Energieversorgung oder Abfallentsorgung, welche ebenso umfas­send behandelt werden sollten, deutlich.

Vorrang kurzfristiger ökonomi­scher Interessen

Bei all dem kann und darf der Industriestandort Deutsch­land zum einen nicht das Maß aller Dinge sein, und zum anderen ist festzustellen, daß die Umweltauf­lagen diesem bisher eher genutzt als geschadet haben. Der Vorrang kurzfristiger ökonomi­scher Interessen dominater Gruppen in unserer Gesellschaft zeigt auch den oftmals noch unterschätzten sozialen Anteil der ökolo­gischen Krise. In Hoch­schule und Wissenschaft sollte deshalb die geistes- und sozial­wissen­schaftliche Auseinanderset­zung mit der ökologi­schen Krise verstärkt werden. Dazu gehört z.B. auch, daß solche Themen Einzug in die Lehrpläne der Inge­nieurwis­senschaf­ten finden. Die hier vorgeschlagene problembezogene Projekt­arbeit (Kap. III.4) versucht u.a. dies zu berücksichtigen. Eine Diskussion über Struktur, Arbeitsfor­men und Zielsetzungen der Fachhochschule scheint also dringend geboten.

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