September 30

#5 Wie sinnvoll und verantwortbar ist die Energiesparlampe?

Wie sinnvoll und verantwortbar ist die Energiesparlampe?

Eine kurze, kommentierte Recherche

Denk-Anstoß #5 – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

„Im Ergebnis aller vorliegenden Untersuchungen stützt das Umweltbundesamt das EU-Ziel, herkömmliche Glühlampen binnen weniger Jahre – mit Ausnahmen – vom Markt zu nehmen und durch moderne, deutlich energieeffizientere Lampen zu ersetzen. Die Risiken im Umgang mit Energiesparlampen sind begrenzt und beherrschbar. Die Klimavorteile der Energieeinsparung bei der Beleuchtung sind groß und helfen bei der Umstellung der Stromerzeugung in Deutschland auf regenerative Energiequellen.“[1]

Seit einigen Monaten wird an vielen Orten diskutiert, dass die Energiesparlampe (genauer die Kompaktleuchtstofflampe) hoch gefährlich ist und zudem keinen energetischen Vorteil gegenüber der „guten alten“ Glühlampe hat. Schnell hat sich diese Information ausgebreitet und schnell wurde sie von vielen Menschen ungeprüft als richtig übernommen. Die auch nicht mehr ganz junge Energiesparlampe hat plötzlich den Ruf einer Giftpflanze.

Ein „Dokumentarfilm“

Ausgelöst wurde diese Diskussion um die Energiesparlampe vor allem von dem „Dokumentarfilm“ Bulp Fiction. Dieser Film deckt angeblich die Gefahren der Lampe, Einflussnahmen der Lampenkonzerne auf die Politik und obendrein auch noch einen mangelnden Einspareffekt auf. All das wurde (und wird) hernach ungeprüft von zahlreichen Journalisten bis hinein in die öffentlich-rechtlichen Medien verbreitet.[2] Und auf der Internetseite des Films wird sogar eine Empfehlung des Österreichischen Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur zitierte.[3] All das geschieht, obwohl der Film wirklich nachprüfbare Beweise schuldig bleibt.[4] Die Tragweite des Vorganges wird daran deutlich, dass die Akteure in den Medien und Ministerien diese Information weiterverbreiten, obwohl sie teilweise sogar eine wissenschaftliche Ausbildung absolviert haben, also kritisches Denken und eine korrekte Beweisführung gelernt haben müssten. Dem Physiker Rüdiger Paschotta kam schon die Sokal-Affäre in den Sinn, in welcher ein Wissenschaftler absichtlich – sozusagen zur Vorführung – Unsinn veröffentlicht hatte.[5] Allerdings ist dieser Film allem Anschein nach ernstgemeint.

Kritische Beobachter wurden allerdings skeptisch, warum nach bald 30 Jahren ihrer Existenz die Energiesparlampe plötzlich nicht nur besonders gefährlich sein soll, sondern auch keinen Energiespareffekt haben soll. Wenn dies so wäre, erscheint es u. a. auch sehr unwahrscheinlich, dass irgendein ernstzunehmender Umweltverband diese Lampen bis heute befürwortet. Genau das tun aber diese Verbände unverändert.[6] Die Umweltverbände tun dabei das einzig vernünftige, sie ignorieren die Risiken nicht, gehen aber angepasst an das tatsächliche Gefahrenpotential damit um. Die Umweltverbände sprechen sich unverändert für den Einsatz der Energiesparlampen aus, machen auf die Gefahren aufmerksam, erklären den richtigen Umgang damit und fordern zugleich von Herstellern und Politik eine Verbesserung von Technik und Entsorgung.[7]

Was die Gefahren des Quecksilbers betrifft, so enthalten die von ihrem Ursprung her seit 150 Jahren existierenden Leuchtstoffröhren (fälschlich häufig auch Neonröhren genannt) eine größere Menge als die Energiesparlampen und führen somit beim Bruch auch zu einer größeren Verunreinigung der Raumluft.[8] Und alle diese Lampen wiederum sind nicht die größten Quellen für Quecksilber in der Umwelt. Zum Beispiel das Verbrennen von Kohle in Kraftwerken setzt deutlich mehr Quecksilber frei – und das nicht nur zunächst theoretisch (denn die Energiesparlampen setzen das Quecksilber nur frei, wenn sie zerbrechen oder später falsch entsorgt werden!), sondern jeden Tag ganz praktisch.[9]

Der Einsatz von Energiesparlampen ist unverändert sinnvoll, notwendig und verantwortbar

Aufgrund der eingeschränkten Zeit, die mir zum Recherchieren zur Verfügung steht, mag es an der einen oder anderen Stelle noch Ergänzungsbedarf geben. Aber ich kann nicht erkennen, dass ich an meiner Grundaussage, der Einsatz von Energiesparlampen ist bei Beachtung von wenigen Sicherheitshinweisen sowie einer fachgerechten Entsorgung unverändert sinnvoll, notwendig und verantwortbar, etwas ändern muss. Sicher ist der Einsatz eines giftigen Stoffes wie Quecksilber immer mit Problemen verbunden. Aber solche Probleme finden wir bei vielen unserer technischen Geräte, wo die damit verbundenen Probleme häufig kaum weniger folgenschwer sind, mitunter sogar deutlich schwerer als bei der Energiesparlampe. Bei der Entscheidungsfindung kommt es dann auf die Beherrschbarkeit der Probleme und Folgen an. Und die sehe ich bei der Energiesparlampe unverändert als gegeben an. Selbstverständlich müssen die eingesetzten Stoffe, Produktion, Recycling und Entsorgung weiter verbessert werden, aber das war (und ist) z. B. bei Batterien (die ebenfalls Schwermetalle enthalten) nicht anders. Und eine Befürwortung der Energiesparlampe schließt die Suche nach Alternativen nicht aus. Möglicherweise ist es die LED-Lampe, sicher ist das aber noch nicht.

Aus den bereits genannten Quellen und weiteren im Quellennachweis am Ende des Textes aufgelisteten Quellen ergibt meine Recherche folgende wichtige Aussagen:

  • Energiesparlampen sind definitiv (also gesamtbilanziert) deutlich sparsamer als herkömmliche Glühlampen. Somit tragen sie zur Energieeinsparung bei, welche u. a. aufgrund der drohenden Klimakatastrophe unbedingt notwendig ist.
  • Der Quecksilbergehalt von Energiesparlampen ist geringer als der von Leuchtstoffröhren verbunden mit den entsprechenden Folgen beim Bruch beider Lampenarten. Leuchtstoffröhren sind dabei seit vielen Jahrzehnten allerorten im Einsatz, ohne das besondere „Verseuchungen“ bekannt sind.
  • Wegen des Quecksilbergehaltes sind alle Leuchtstofflampen mit der notwendigen Vorsicht zu handhaben. Ein entsprechend behutsamer Umgang mit den Lampen ist aber zur Risikominimierung in der Regel ausreichend.
  • Das Hauptargument, die Quecksilbergefahr aus Energiesparlampen, wird nach bisheriger Erkenntnis in den gegen Energiesparlampen gerichteten Veröffentlichungen deutlich zu hoch bewertet, erstrecht im Vergleich zu anderen Quellen wie z. B. den Emissionen aus Kohlekraftwerken.
  • Beim Bruch einer Energiesparlampe ist sofortiges Lüften von mindestens 15 bis besser 30 Minuten und das geschützte Beseitigen der Bruchstücke ausreichend, um den Quecksilbergehalt der Raumluft wieder unter die vertretbaren Grenzwerte zu bekommen und eine Vergiftung zu verhindern. Eine kurze Anleitung gibt es z. B. im zugehörigen Wikipedia-Artikel. Für den Einsatz in Kinderzimmern sollten ggf. extra gekapselte Varianten genutzt werden.
  • Problematisch sind Energiesparlampen aus Billigproduktionen, wie es u. a. die Deutsche Umwelthilfe (DUH) festgestellt hat. Auch aus persönlicher Erfahrung kann ich sagen, dass gute Markenware tatsächlich über viele, viele Jahre zuverlässig funktioniert, Billigprodukte vom Diskounter hingegen nicht immer.
  • Wichtig ist, dass alle, die mit den Energiesparlampen umgehen (also Verbraucher, Verkäufer, Entsorger, …) entsprechend informiert bzw. geschult werden, um sorgsam mit den Lampen umzugehen.
  • Der genannte Film Bulp Fiction ist allem Anschein nach hauptsächlich effekthaschende Propaganda gewürzt mit Verschwörungstheorien und leider absolut keine sorgfältig und belastbar recherchierte Verbraucherinformation. Eine wirklich gute, verständliche und ausführliche Auseinandersetzung mit dem Film finden alle Interessierten, wie schon angemerkt[10], unter folgender URL: http://www.energie-lexikon.info/bulb_fiction.html.

Einflussnahme auf die Politik

Neben den Gefahren wurde in Bulp Fiction auch die Einflussnahme der Wirtschaft auf die Politik kritisiert. Auch diese Kritik ist grundsätzlich sogar berechtigt, nur in diesem speziellen Thema wohl eher fehl am Platz und dadurch sogar kontraproduktiv. Denn damit wird von den wirklich skandalösen Einflussnahmen, die leider tatsächlich stattfinden, sogar noch abgelenkt. Die Energiesparlampe ist für diese Kritik also kein guter Ansatz. In anderen Bereichen wie Public-Privat-Partnership im Bereich der Energie- und Wasserversorgung zum Beispiel, beim Emissionshandel für CO2 oder bei der Automobilindustrie wäre eine solche Kritik vermutlich deutlich angebrachter.

Die mitunter zugleich angeführte absichtliche Verkürzung von Lebenszeiten technischer Geräte gibt es sicherlich. Aber wenn solche Vorwürfe erhoben werden, müssen sie im Einzelfall nachgewiesen werden. Und sie ist ein grundsätzliches Problem unseres derzeitigen Wirtschaftssystems. Auch hier gibt es aus meiner Sicht zudem schwerwiegendere Felder als gerade Lampen.

sehr bedenklich und kontraproduktiv

Angesichts der wirklich bedrohlichen ökologischen Probleme wie der voranschreitenden Erderwärmung oder dem Ressourcenverbrauch, sehe ich solche Initiativen gegen eine sinnvolle Einspartechnik als sehr bedenklich und kontraproduktiv an. Aus meiner Einschätzung ist das an gleicher Stelle anzusiedeln, wo die sogenannten Klimaskeptiker anzusiedeln sind, in einem Kreis von Menschen, der – aus welcher Motivation heraus auch immer – lieber offensichtliche Gefahren leugnet und weiter machen will wie bisher als vernünftig und verantwortungsbewusst zu handeln.[11]

Dass dann von vielen außenstehenden Akteuren ohne eigene Recherche lieber eine aufgebauschte Verschwörungstheorie geglaubt wird als sauber recherchierten, mit nachprüfbaren Quellen belegten und sachlich fundierten Argumenten zu folgen, ist ein widervernünftiges Phänomen unserer Zeit, was mittlerweile leider bei vielen Themen zu finden ist.

Ich kann es aber eigentlich nur schwer nachvollziehen, wenn jemand im „aufgeklärten“ und gebildeten Deutschland diffuser, den eindeutigen Nachweis schuldig bleibender Panikmache auf Dauer (dass sich jemand von den Berichten zunächst beeindrucken lässt, ist nachvollziehbar) mehr Glauben schenkt als einer anerkannten Umweltbehörde, zahlreichen anerkannten Umweltverbänden und kompetenten Wissenschaftlern. Deshalb ist meine Empfehlung, vor einer Beurteilung der Energiesparlampe zunächst ggf. auch noch die nachstehend aufgeführten Quellen eingehend zu studieren.

Wolfenbüttel, 30. September 2012

Quellen:

[1] Umweltbundesamt (UBA): Hintergrund: Energiesparlampen in der Diskussion. Informationsbroschüre. Dessau-Roßla: UBA, 2011, S. 5 [PDF-Datei] http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3964.pdf, im Internet abgerufen am 25.09.2012.

[2] Z. B. in einem sehr tendenziös anmoderierten Beitrag der Sendung Quer des Bayrischen Rundfunks: http://blog.br.de/quer/tag/energiesparlampe, im Internet abgerufen am 29.09.2012;

oder in einem Online-Beitrag der Zeitung Die Welt des Springerverlags: http://www.welt.de/kultur/kino/article106387513/Wie-es-zur-Diktatur-der-Energiesparlampen-kam.html, im Internet abgerufen am 29.09.2012.

[3] Bulp Fiction – Der Film / Schule: http://www.bulbfiction-derfilm.com/film/schulen, im Internet abgerufen am 29.09.2012 [Hinweis: Der Link zum Österreichischen Ministerium führt mittlerweile ins Leere].

[4] Paschotta, Rüdiger: „Bulp Fiction: ein Propagandafilm gegen die Energiesparlampe“ in Das RP-Energie-Lexikon [Internet-Lexikon], http://www.energie-lexikon.info/bulb_fiction.html, im Internetabgerufen am 26.09.2012.

[5] Paschotta, Bulp Fiction.

[6] Das schreiben Umweltverbände zur Energiesparlampe:

BUND: „Das Ende der Glühlampe: ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz“ und „BUND begrüßt Verbot, fordert aber Verbesserung der Energiesparlampen“ http://www.bund.net/index.php?id=3269, im Internet abgerufen am 29.09.2012.

DHU: „„Es gibt immer wieder zu wenig Licht für den Klimaschutz. Schon mit dem Einsatz energiesparender Lampen und deren korrekter Entsorgung – wie auch der anderer Altgeräte – können wir beispielsweise zum Umwelt- und Klimaschutz beitragen. Mit ausgedientem Hi-Tech gewinnen wir wertvolle Rohstoffe, sparen natürliche Ressourcen und entlasten das Klima. So retten wir auch mit kleinen Änderungen unserer Gewohnheiten die Eisbären.“ Jürgen Resch, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe e.V.“, http://www.duh.de/energiesparlampe.html, im Internet zuletzt abgerufen am 29.09.2012.

NABU: „„Der Glühlampen-Ausstieg fördert die effizientere Nutzung von Energie, schont die Umwelt und gleichzeitig den Geldbeutel der Verbraucher“, erklärte NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller“ http://www.nabu.de/presse/pressemitteilungen/index.php?popup=true&show=5911&db=presseservice, im Internet zuletzt abgerufen am 29.09.2012.

[7] Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND): Die Energiesparlampe: Ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz: Beleuchtung muss umwelt- und gesundheitsverträglich werden. Berlin: BUND, 2009; [PDF-Datei] http://www.bund.net/fileadmin/bundnet/publikationen/energie/20090826_energie_energiesparlampen_hintergrund.pdf, im Internet abgerufen am 29.09.2012;

Deutsche Umwelthilfe (DUH):Energiesparlampen: Wertvoll für den Klimaschutz – zu wertvoll für den Müll. Informationsblatt. Radolfzell: DUH, o. J. [PDF-Datei] http://www.duh.de/uploads/media/DUH-Infoblatt_Energiesparlampen_02.pdf, im Internet abgerufen am 29.09.2012;

–DUH: „Energiesparlampe: Aktuelles“, http://www.duh.de/energiesparlampe.html, im Internet zuletzt abgerufen am 29.09.2012;

–DUH: „Licht an für das Klima: Energiesparlampen sind praktischer Umweltschutz“, Informationsbeitrag auf der DUH-Internetseite, http://www.duh.de/2849+M5f4cfb02e79.html, im Internet zuletzt abgerufen am 29.09.2012;

–DUH: Ramsch-Energiesparlampen: DUH stoppt BILD und Rewe bei irreführender Werbung“, Informationsbeitrag auf der DUH-Internetseite, http://www.duh.de/2992.html, im Internet zuletzt abgerufen am 29.09.2012;

Naturschutzbund Deutschland (NABU): „Gerüchte um die giftige Birne“ Informationsbeitrag auf der NABU-Internetseite, http://www.nabu.de/themen/energie/energieeffizienz/10471.html, im Internet abgerufen am 29.09.2012.

[8] UBA, Energiesparlampen in der Diskussion, S. 3.

[9] Paschotta, Rüdiger: „Energiesparlampen: tödliche Gefahr durch Quecksilber?“ in Das RP-Energie-Lexikon (Internet-Lexikon), http://www.energie-lexikon.info/energiesparlampen__toedliche_gefahr_durch_quecksilber.html, im Internet abgerufen am 26.09.2012;

Wikipedia: Kohlekraftwerk\Schadstoffausstoß, http://de.wikipedia.org/wiki/Kohlekraftwerk, im Internet abgerufen am 28.09.2012;

sowie

Wikipedia: Quecksilber\Umweltemissionen, http://de.wikipedia.org/wiki/Quecksilber#Umweltemissionen, im Internet abgerufen am 30.09.2012.

[10] Paschotta, Bulp Fiction.

[11] Vgl. z. B. auch meine „Gedanken zum Zeitgeit VIII“ – ENERGIE – Fracking ist nicht das Problem, sondern eine Folge im Ostfalen-Spiegel.

Weitere Quellen und Informationen:

Bulp Fiction – Der Film: http://www.bulbfiction-derfilm.com/, im Internet aufgerufen am 26.09.2012.

Bund der Energieverbraucher: „Glühende Gruselpropaganda“ in Energiedepesche 3-2012, S. 18-19; zu lesen auch im Internet auf der Seite vom Bund der Energieverbraucher unter http://www.energieverbraucher.de/de/Zuhause/Beleuchtung/site__2440/#con-12976, im Internet zuletzt abgerufen am 29.09.2012.

Delleske, Andreas: Energiesparlampen-FAQ, http://www.dellekom.de/info/energiesparlampen-faq, im Internet abgerufen am 28.09.2012.

Paschotta, Rüdiger: „Aberglauben, Halbwahrheiten und Propaganda“ Das RP-Energie-Lexikon (Internet-Lexikon), http://www.energie-lexikon.info/aberglauben.html, im Internetabgerufen am 26.09.2012.

Umweltbundesamt: „Quecksilber aus zerbrochenen Energiesparlampen“ Presseinformation Nr. 58/2010 http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/2010/pdf/pd10-058_quecksilber_aus_zerbrochenen_energiesparlampen.pdf, im Internet abgerufen am 26.09.2012.

Wikipedia: Kompaktleuchtstofflampe (Energiesparlampe) http://de.wikipedia.org/wiki/Kompaktleuchtstofflampe, im Internet abgerufen am 26.09.2012.

Bildnachweis: File:Kompaktleuchtstofflampe und Glühlampe.jpg, Foto und Bildunterschrift: Jochen2707 at de.wikipedia, Wikimedia Commons, Lizenz: CC BY-SA 3.0

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August 23

VIII. Energie

ENERGIE – Fracking ist nicht das Problem, sondern eine Folge

Oder anders gesagt

Wir wringen die Erde aus wie einen nassen Schwamm

Gedanken zum Zeitgeist VIII – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

„… Dann hätten 12 Menschheitsgenerationen in 400 Jahren die Ergebnisse von 400 Millionen Jahren geologisch-chemischer Aktivität abgefackelt. Inzwischen haben wir mehr als eine Ahnung, welche Folgen das für unsere Umwelt haben wird. Und dabei ist noch kein Wort darüber gefallen, welch kostbare stoffliche Ressourcen wir mit diesem Irrsinn zu 90 Prozent verheizen, verstromen, verfahren und verfliegen, anstatt sie, wenn überhaupt, für die Produktion sinnvoller Güter zu verwerten.“

Frank H. Asbeck, SolarWorld AG [1]

Fracking, die Diskussion um diese Methode der Erdgasförderung erregt seit Monaten nun auch die Gemüter im Braunschweiger Land. – Zu Recht, wie ich meine! Denn für das Erkennen der potentiellen Gefahr, die von dieser Methode ausgeht, muss ich kein „Experte“ sein. Es reicht gesunder (!) Menschenverstand und ein wenig Grundwissen in den Naturwissenschaften (Physik und Chemie) sowie ein Blick auf bereits gemachte Erfahrungen – mit dem Fracking anderswo, mit Chemikalien im Trinkwasser oder mit Häusern, die in alte Bergwerke stürzen. Jedes Handeln in der Welt wirkt auf diese Welt – und häufig nicht nur in die gewünschte Richtung.

Doch wen interessiert das schon, wenn die Bezahlung stimmt, wenn gar Profite locken – oder auch nur unser modernes Luxusleben. Die Menschheit – und weit vorne weg unsere westliche Zivilisation – hat vor allem in den vergangen gut zweihundert Jahren die Erde ausgewrungen, als wäre sie ein nasser Schwamm und verbrannt, was natürliche Prozesse in Jahrmillionen geschaffen hatten. Fracking hat da fast schon Symbolcharakter, da es tatsächlich an das Auswringen eines Schwammes erinnert. Doch der Schwamm füllt sich hernach nicht wieder! [2]

Es wird also Zeit, dass wir unsere Umwelt als Mitwelt begreifen

Es wird also Zeit, dass wir unsere Umwelt als Mitwelt begreifen. Denn nur in und mit dieser Welt können wir als Menschheit überleben. Wir sind ein Teil dieser Welt. Der Begriff Umwelt stammt aus unserer Neigung, alles aufzuspalten, zu fragmentieren und zu separieren, von uns abzusondern. Für das Begreifen von uns selbst wie von einzelnen Teilen ist das sicher wichtig. Für das Verstehen der Welt in ihren Abläufen müssen wir die Teile aber wieder zusammensetzen und ihre Verbindungen und Wechselwirkungen begreifen. Die Welt besteht nicht aus nebeneinander aufgereihten Einheiten, sondern sie ist eine eng verflochtene (vernetzte) Vielheit. Vereinfacht ausgedrückt bedeutet dies, alles ist mit allem verbunden, jede Beeinflussung eines Systems ist auch Teil des Systems und erfährt auch eine Rückkopplung aus dem System.[3]

Die meisten von uns haben da sicher noch Lernbedarf, sicher auch Menschen, die Verfahren wie dem Fracking ablehnend gegenüber stehen. Zumindest lassen das Plakate wie „Erdgas JA Fracken NO“ [4] vermuten. Denn Fracking ist zwar ein besonders gefährliches Verfahren der Gewinnung fossiler Rohstoff (zumal ggf. in der Nähe vom Endlager Asse 2). Angewandt wird es aber, weil wir einen unbändigen Bedarf an der endlichen (!) Ressource fossiler Energieträger haben mit zahlreichen ungewünschten Folgen vor allem anderswo in der Welt – bis hin zu Kriegen.

Ein Wirtschaften, was sich nicht mehr über Konfrontation und Machtstreben, sonder über Kooperation definiert

Es gilt, diese Zusammenhänge endlich zu begreifen! Die Ausbeutung sämtlicher fossilen und mineralischen Rohstoffe um jeden Preis ist nicht nur auf Profitgier zurückzuführen. Sie ist auch eine Folge unseres unreflektierten und phantasielosen „Luxus- und Konsumlebens“. Ich will das jetzt nicht alles wieder aufzählen, was dazu gehört. [5] Sondern ich möchte dazu aufrufen, dass sich ein jeder und eine jede fragt, wo er und sie endlich dabei mitwirken kann (und es dann auch tut!), eine andere Lebens- und Wirtschaftsweise zu entwickeln und zu praktizieren. Eine Lebens- und Wirtschaftsweise, die sich in die für uns Menschen lebensnotwendigen (!) ökologischen Prozesse integriert und sie nicht unterminiert! Ein Wirtschaften, was sich nicht mehr über Konfrontation und Machtstreben (wenig sozial „den Markt erobern“), sondern über Kooperation (sozial „gemeinsam Lösungen für Aufgaben und Probleme suchen und umsetzen) definiert. – Lehnen wir uns doch bitte alle kurz mal zurück und überlegen beispielsweise (ernsthaft und kritisch!), wie viel Energie täglich verbraucht wird, nur um Güter zu produzieren und zu vermarkten, die nur produziert und vermarktet werden, damit ein Unternehmen Arbeit und Umsatz hat – nicht aber, weil damit echte Bedürfnisse befriedigt, echte Aufgaben erfüllt oder echte Probleme gelöst werden.

Der Lohn könnten ein menschlicheres Miteinander werden, mehr Zufriedenheit und – der Fortbestand der Menschheit

Wir werden nicht von heute auf morgen alles auf null fahren und mit Knopfdruck radikal neu anfangen müssen (und können) – noch nicht! Schließlich braucht das zuvor genannte Unternehmen ja zum Beispiel Arbeit und Umsatz auch, damit alle Menschen darin überleben können. Aber als Menschheit überleben können wir nur, wenn sich dieses Prinzip ändert, sich an die ökologischen und sozialen Rahmenbedingungen anpasst. Wir werden die Weichen in wirklich absehbarer Zeit also umstellen müssen, sonst ist es bald zu spät! – und die Weichen stellen sich „von selbst“. Der Übergang wird vermutlich „unbequem“ sein, und er braucht Phantasie und Mut. Aber er ist machbar! Der Lohn könnten ein menschlicheres Miteinander werden, mehr Zufriedenheit und – der Fortbestand der Menschheit – falls der irgendjemanden interessiert? [6]

Auf den Punkt

Um es polemisch auf den Punkt[7] zu bringen: Während wir hier munter über Solarförderung und Windräder streiten, unser schwerwiegendstes Problem die Auswahl des nächsten Autos, des fünfzigsten Paars Schuhe oder des Ziels für die nächsten Urlaubsreise ist, Politiker noch immer mehrheitlich nur den nächsten Wahlerfolg im Auge haben und Betriebswirte ohnehin nur schauen, wie sie was wie schnell zu wie viel Geld machen können, steigt die Temperatur im Ofen beständig! Mag die Generation der heute 50jährigen noch mit „versenkten Zehen“ davon kommen. Die jüngeren, die heute vielleicht 15 oder 20jährigen, werden „die Glut“ vermutlich schon „am ganzen Körper“ spüren. Mag sein, dass dieser Vergleich zu drastisch klingt. Auf die Menschheit bezogen ist die Lage aber bereits absolut dramatisch, vermutlich sogar in weiten Teilen schon tragisch. Die dem Klimawandel zugrunde liegenden Prozesse sind träge und verschlungen. Das heißt, wenn wir eine Folge spüren, ist die eigentliche Ursache schon lange nicht mehr unmittelbar zu beeinflussen. Und die langfristigen Folgen können wir trotz aller Wissenschaft bestenfalls erahnen. Die Faktenlage war schon zu Zeiten des ersten Berichts an den Club of Rome (1972) alarmierend, heute lässt sie am Prinzip der Entwicklung eigentlich keinen Zweifel mehr übrig. Die Vernunft (!) gebietet es uns dann eigentlich, endlich konsequent gegenzusteuern. Und das bedeutet, dass wir alle – Politikerinnen und Politiker, Wirtschaftsführer, Religionsführer, Oligarchen, Diktatoren, Bürgerinnen und Bürger … – innenhalten, uns unserer Verantwortung als Mensch bewusst werden und uns deshalb von unseren, manchmal ohnehin menschenverachtenden, mitunter auch nur kleinkarierten, kurzsichtigen Egoismen verabschieden und uns auf das besinnen, was uns eigentlich als Menschen besonders macht: unsere Fähigkeit einfühlsam die Verantwortung für unser Handeln zu übernehmen und dann vorausschauend in die Zukunft blickend planen und entscheiden zu können um schließlich gemeinsam mit unseren Mitmenschen verantwortlich zu handeln. Denn nur so wird meines Erachtens die Menschheit noch eine Chance haben, zu überleben.

Diese Worte mögen teils pathetisch, teils naiv und sowieso dramatisch klingen. Das ist Absicht! Denn, nochmal: die Lage ist absolut dramatisch!

„Dies ist ein Aufruf zur Revolution. Die Erde ist in Gefahr. Sie wird nicht fertig mit allem, was wir ihr abverlangen. Sie verliert ihre Balance, und daran sind wir Menschen schuld.“

Charles Mountbatten-Windsor, The Prince of Wales [8]

Nachsatz

Für die Zauderer und Verhinderer in der Wirtschaft(spolitik) mag folgender Satz der Kampaigners für erneuerbare Energien bei Greenpeace International Sven Teske als Denkanstoß helfen:

„Wir sind das Labor. Wenn Deutschland die Energiewende schafft, werden andere nachziehen.“[9]

Das bedeutet, auch für die klassische Wirtschaft steckt ein großes Potential in dieser Herausforderung. Allerdings wird deren Bewältigung nur gelingen, wenn auch die klassische Wirtschaft diesen Prozess nutzt, um sich zügig von der überkommenen Denkweise abzukehren.

Wolfenbüttel, im Sommer 2012

Quellen und Leseempfehlungen:

[1] Frank H. Asbeck: Eine solare Welt: Der SolarWorld-Chef über die Zukunft unserer Energieversorgung. Köln: Kiepenheuer & Witsch, 2009, S. 24.

Asbeck belegt in seinem sehr lesenswerten Buch (u. a.), dass die Nutzung der Sonnenenergie nicht nur die eigentlich naheliegende und umweltfreundlichste Form der Energiegewinnung ist. Er zeigt auch, dass schon in der Entscheidung für ein Wechselstromnetz statt eines Gleichstromnetzes (Photovoltaik produziert Gleichstrom und braucht teure Wechselrichter, um ins öffentliche Netz einzuspeisen oder auch nur um heute übliche Geräte zu betreiben) nicht unbedingt allein technisch begründet war, wohl aber die heute üblichen zentralistischen Netzen mit Großkraftwerken und deren mächtigen Betreibern möglich macht. Unser modernes Stromnetz ist in letzter Konsequenz (siehe Verhalten der großen Energieversorger im Atomausstieg) undemokratisch, Solarstrom ist durch seine dezentralen Strukturen im Prinzip demokratisch. Neben solchen Informationen und fundierten Informationen zur Solarenergie liefert Asbeck auch einen guten und kritischen Überblick über Ursache und Folgen der bereits stattfindenden menschengemachten Klimaänderung.

[2] Vgl. z. B. [1].

[3] Frederic Vester: Unsere Welt – ein vernetztes System. 7. Aufl. Taschenbuchausg. München: dtv, 1991 (1: 1978); und Frederic Vester: Neuland des Denkens – Vom technokratischen zum kybernetischen Zeitalter. 3., durchges. Aufl. Taschenbuchausg. München: dtv, 1991 (1: 1980).

Ein anerkannter Vorreiter des „Vernetzten Denkens“ war der deutsche Biochemiker Fredric Vester, der auch zahlreiche „populärwissenschaftliche“ Bücher zu diesem Thema geschrieben hat. Einen guten Ein- und Überblick geben die beiden zuvor genannten Bücher.

[4] Das angesprochene Foto wurde beispielsweise in der Braunschweiger Zeitung abgedruckt Braunschweiger Zeitung: „Fracking: Der Druck auf die Regierung wächst“ Hintergrundseite, Braunschweiger Zeitung, Nr. 155, 67. Jahrgang, vom 5. Juli 2012, S. 3.

[5] Vgl. dazu z. B. die entsprechenden Hinweise und verlinkten Informationen in meinem Kommentar „Denkanstöße zu einem Windpark“ aus dem Februar 2012 (https://www.ostfalen-spiegel.de/2012/denkanstose-zu-einem-windpark/).

[6] Andreas Weber: Biokapital: Die Versöhnung von Ökonomie, Natur und Menschlichkeit. Berlin: Berlin-Verlag, 2008.

Eine wirklich umfassende Auseinandersetzung zu der, wie (nicht nur) ich meine, größten Herausforderung der Menschheit – der ökologischen und sozialen Krise –, hat Andreas Weber in seinem Buch Biokapital geführt. Wenn Frank H. Asbeck vor allem den Bereich der Energieversorgung aber auch des Klimawandels behandelt (s. o.), dann geht Weber hier mehr auf das Problem im gesellschaftlichen Ganzen ein. Er stellt darin gleichermaßen die Ursachen, die Wirkungen wie auch Lösungsmöglichkeiten vor. Gerade auch den zwingenden Umbau unseres Wirtschaftssystems wie auch (weil untrennbar zusammenhängend – Wirtschaft ist ein Teil der Gesellschaft!) unseres Gesellschaftssystems behandelt er darin recht ausführlich. Ein Hoffnung-gebendes Buch, das ich jeder und jedem als Leseempfehlung gebe, die und der sich ihrer und seiner Verantwortung bewusst ist und bereit ist, alles wirklich kritisch zu hinterfragen.

[7] Die polemische Form wähle ich an dieser Stelle, um die Bedeutung des Gedankens hervorzuheben – und als Hinweis für die Leserinnen und Leser, die immer gerne alles für ihr Denken passend verstehen und mit wenig reflektiertem „Hau-drauf-Argumentieren“ reagieren. Selbstverständlich muss unverändert bei jeder neue zu errichtenden technischen Anlage, also z. B. auch bei jeder Windkraftanlage, die Auswirkung auf Mensch und Natur unbedingt mit berücksichtigt werden. Aber wir müssen (!), wenn wir unsere Verantwortung für andere Menschen heute und in der Zukunft anerkennen, für uns selbst ernsthaft, kritisch und einfühlsam abwägen, wer gegebenenfalls welchen Preis zahlen muss – und dann ist der von mir zu zahlende Preis mitunter vielleicht ja erträglicher als der sonst von anderen Menschen zu zahlende Preis. Mal (!) wird dann auch eine Windkraftanlage nicht gebaut, Produkte wie ein SUV werden dann aber sicher weitgehend überflüssig werden. Einfach ist das möglicherweise nicht immer, aber ich sehe akut keine andere Lösung!

[8] The Prince of Wales mit Tony Juniper und Ian Skelly: Harmonie: Eine neue Sicht unserer Welt. München: Riemann Verlag, 2010, S. 9.

[9] Andrea Hösch: „Pioniere der Energiewende: Erneuerbare – Greenpeace nimmt Politik und Konzerne ins Visier“, Greenpeace Nachrichten 03/2012, S. 4.

Gedanken zum Zeitgeist

In den Gedanken zum Zeitgeist erscheinen in loser Folge kritische Kommentare zur aktuellen gesellschaftlichen und politischen Entwicklung in Deutschland und der Welt. Die einzelnen Gedanken zum Zeitgeist fokusieren in der Regel ein Thema und setzen auch unterschiedliche Schwerpunkte.  Grundsätzliche Standpunkte wie auch der philosophische Unterbau werden dabei nicht jedes Mal neu dargelegt. Für ein besseres Verständnis der Basis der geäußerten Kritik ist es also sinnvoll, nach und nach alle Gedanken zum Zeitgeist zu lesen und auch die Seite Ostfalen-Spiegel.

August 5

externe Veröffentlichungen im Ostfalen-Spiegel

Der Sinn von externen Veröffentlichungen im Ostfalen-Spiegel:

aus einer machiavellistischen Denkungsart heraus geführte Politik

(re) Wie einleitend zum vorangegangenen Artikel bereits angesprochen geschieht die Veröffentlichung von Aufsätzen aus den NachDenkSeiten (oder auch anderen kritischen Medien) in unregelmäßigen Abständen, um wichtige Themen und Informationen weiterzutragen und auf solche kritischen Medien aufmerksam zu machen.

Beitrag gegen Gleichschaltung und Verdummung

Es geschieht auch, um einen Beitrag zu leisten gegen die „Gleichschaltung“ und Verdummung, die in unserer inzwischen auf wenige Machtzentren verdichteten Medienlandschaft stattfindet. Themen wie beispielsweise die Eurokrise oder die Griechenlanddebatte werden in den allermeisten Publikationen mit den gleichen Informationen (und Nicht-Informationen), aus dem gleichen Blickwinkel und mit der gleichen Zielsetzung weitergetragen. Eine verschiedene Blickwinkel einnehmende Berichterstattung findet häufig nicht statt – eben auch nicht, wenn verschiedene Publikationen zu Rate gezogen werden. Stattdessen finden bis runter in lokale Redaktionen Spiegelfechtereien statt, die den aus einer machiavellistischen Denkungsart heraus regierenden Exekutivorganen wie Bürgermeister, Ministerpräsidenten oder Kanzlerinnen sekundieren. Sicher trifft dies weder auf alle Amtsträger noch auf alle Medien zu, aber der beschriebene Sachverhalt hat mittlerweile beängstigende Ausmaße angenommen.

Ein wenig Hoffnung

Was ein wenig Hoffnung bereitet: Selbst in der konservativen Presse wird diese Gefahr mittlerweile offen diskutiert. Der jüngst erschienene Artikel „Der Politikstil der Kanzlerin: Das System M“ von Gertrud Höhler in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung (FAZ) bringt es deutlich auf den Punkt. Schon im Vorspann wird die Gefahr wie die Kritik an der Politik von Merkel unmissverständlich genannt: „… So arbeitet sie am Zerfall der Demokratie“. Und dieser Politikstil findet sich in seinem Prinzip eben bis runter auf die Ebene der Bürgermeister wieder.

Kontrapunkte

Da liefern Publikationen wie die NachDenkSeiten regelmäßig wichtige „Kontrapunkte“, weitere Informationen und verhelfen mitunter erst zum richtigen Blick auf die Vorkommnisse. Wer sich wirklich ein umfassendes Bild von der jeweiligen Situation machen will, sollte immer auch solche unabhängigen Medien zur Meinungsbildung heranziehen. Es geht um nicht weniger als Freiheit, Demokratie und Menschenrechte!

Weitere Informationen

Niccolò Machiavelli

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Juli 27

Neue GiB-Publikation: „… nicht für Profit“

Neue GiB-Publikation: „… nicht für Profit“ – ausgewählte Beiträge vom Alternativen Weltwasserforum FAME 2012 in Marseille

Gemeingut in BürgerInnenhand Pressemitteilung vom 27. Juli 2012

Berlin, 27.07.2012. (gib) Am 28. Juli jährt sich zum zweiten Mal die Aufnahme des Rechts auf Wasser und Sanitär­versorgung in die Menschenrechtscharta der UN. Zu verdanken ist das vor allem den jahrelangen Kämpfen und Aktivitäten der weltweiten Wasserbewegung. Sie haben die Forderung auf Wasser als Menschenrecht im Jahr 2002 ausgerufen und in den alternativen Weltwasserforen diese Forderung in die Öffentlichkeit getragen.

erste umfangreiche deutschsprachige Publikation zum FAME 2012 – dem diesjährigen Alternativen Wasserforum

Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) präsentiert zu diesem Anlass die erste umfangreiche deutschsprachige Publikation zum FAME 2012 – dem diesjährigen Alternativen Wasserforum, das im März in Marseille stattgefunden hat. Das 74-seitige Heft mit zahlreichen Fotos präsentiert knapp 20 Beiträge von engagierten Menschen aus Lateinamerika (Kolumbien, Chile, Paraguay und Ecuador), Afrika (Marokko, Benin und Senegal), Asien (Philippinen, Nepal und Indonesien) sowie aus Europa (Großbritannien, Deutschland, Griechenland, Frankreich und der Niederlande) und den USA.

abwechslungsreiche Texte vielfältige Zugänge zum Thema

Von Fachartikeln über Erfahrungsberichte bis hin zu Projektbeschreibungen bieten abwechslungsreiche Texte vielfältige Zugänge zum Thema des Kampfs für einen gerechten und nachhaltigen Zugang zu Wasser für alle. In fünf Themenbereichen (Einführung, Rekommunalisierung und Vergesellschaftung, Auswirkungen von Privatisierung, Alternativen zur Privatisierung, Frauen und Wasserversorgung sowie Widerstand gegen Privatisierung) zeigen wir zahlreiche Beispiele für den Zusammenhang zwischen unzureichendem Zugang zu sauberem Trinkwasser und der Wasserprivatisierung durch internationale Konzerne auf, verleihen aber auch bereits vorhandenen Lösungsansätzen und Modellprojekten eine wichtige Stimme. Ergänzend finden LeserInnen weiterführende Lektüretipps sowie die Abschlusserklärung des Forums. Illustriert werden die Texte mit über 70 Bildern der Menschen und Aktionen in Marseille, aber auch Fotos aus den Herkunftsländern der AutorInnen.

Die Dokumentation ist eine Fundgrube. Sie bietet eine Augen öffnende Reise zu den Trinkwasserkonflikten dieser Welt. Sie zeigt aber auch, wie viele Möglichkeiten es gibt, diese zu lösen oder gar nicht erst entstehen zu lassen. Die gut organisierte globale Wasserbewegung ist Inspiration für das, was wir brauchen: Eine Bewegung für globale Gemeingüter.“

Silke Helfrich (Autorin und Commons-Aktivistin)

 „Die weltweite Bewegung für das Menschenrecht auf Wasser kommt voran, während alle Formen von Privatisierung und Public Private Partnership gescheitert sind. Die Broschüre zeigt die Vielfalt fantasiereicher, auch schwieriger Kämpfe, die bereits seit Jahren an allen Ecken des Planeten geführt werden. Überraschend! Lehrreich! Lesenswert!“

Werner Rügemer (Publizist, Lehrbeauftragter und Sachbuchautor)

Bestellinformationen

„… nicht für Profit. FAME 2012. Ausgewählte Beiträge aus Marseille, 13.-17. März“

1. Auflage, Juli 2012

Herausgeber: Gemeingut in BürgerInnenhand (GiB) e. V.

74 Seiten, 14,8 x 21 cm

Bestellungen

ISBN 978-3-8482-0822-7
Preis: 7 € zzgl. Portokosten (abhängig von Gewicht und Ziel)
info@gemeingut.org / Tel: +49(0) 30 37300442 / Fax: +49(0) 30 37302296 / www.gemeingut.org

Bei Privatpersonen bitten wir um Vorkasse auf unten stehendes Konto (eine Rechnung wird zugesandt).

Bankverbindung

Gemeingut in BürgerInnenhand e. V.
Kto.Nr. 1124229100
BLZ 43060967
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Bitte angeben: FAME-Broschüre + IHR NAME

Inhaltsverzeichnis

Einleitung

  • Warum ist es wichtig, das Alternative Weltwasserforum stattfinden zu lassen: Antworten von Christiane Hansen, Maude Barlow, Christa Hecht und Jacques Cambon
  • Laura Valentukeviciute und Lissi Dobbler (GiB): Vorwort von Gemeingut in BürgerInnenhand
  • Laura Valentukeviciute (GiB): Weltwasserforen in Marseille 2012 – Geschichte, Akteure, Ziele
  • Uwe Hoering (Journalist, Deutschland): 6. WWF: Schlechte Nachrichten für den Wassersektor – Wasser soll zu einem Zugpferd für die Green Economy werden
  • Abschlusserklärung der Teilnehmerinnen und Teilnehmer des Alternativen Weltwasserforums in Marseille, 17. März 2012

Rekommunalisierung und Vergesellschaftung

  • David Boys (Europäischer Gewerkschaftsverband für den Öffentlichen Dienst, Großbritannien): Eingangszitat zu Abschnitt „Rekommunalisierung und Vergesellschaftung“
  • Rafael Colmenares (Kolumbien): Lehren aus dem Referendum für das Menschenrecht auf Wasser in Kolumbien
  • Matthias Ladstätter (Ver.di, Deutschland): Demokratie und Mitsprache erlebbar machen – Das europäische Bürgerbegehren
  • Dorothea Härlin (Berliner Wassertisch, Deutschland): Wir schreiben Wasser und lesen Demokratie! – Der Berliner Wassertisch

Auswirkungen von Privatisierung und Public-Private-Partnerships

  • Mehdi Lahlou (ACME, Marokko): Eingangszitat zu Abschnitt „Auswirkungen von Privatisierung und Public-Private-Partnerships“
  • Sylvia Kay und Jenny Franco (Transnational Institute, Niederland): Die globale Wassernahme – Was ist Water Grabbing
  • Cristian Villarroel Novoa (Programa Chile Sustentable, Chile): Über die Wasserprivatisierung in Chile
  • Mary Ann Manahan (Focus on the Global South, Philippinen): Alternativen zur Kommerzialisierung und Privatisierung des Wassers in Asien. Das Beispiel der Philippinen.
  • Ratan Bhandari (Water & Energy User‘s Federation, Nepal): Was läuft verkehrt bei der Öffentlich-Privaten Partnerschaft (ÖPP)? Die Wasserversorgung des Kathmandu-Tals und das zugehörige Abwasserprojekt

Alternativen zur Privatisierung – regionale und lokale Wasserbewirtschaftung

  • Ceveriano Silva (Asociación Tekoha, Paraguay): Eingangszitat zu Abschnitt „Alternativen zur Privatisierung – regionale und lokale Wasserbewirtschaftung“
  • Darcey O‘Callaghan (Food & Water Watch): Öffentliche Partnerschaften: Ein alternatives Modell zur Nutzung der Kapazitäten kommunaler Wasserwerke
  • Patrick Atohoun und Stéphane Melchiorri (Emmaüs International, Benin und Frankreich): Das Projekt „Solidarische BürgerInnen für das Wasser“ in Nokoué, Benin
  • T. Tzakris (Initiative 136, Griechenland): Die Bewegung 136: Eine BewohnerInnen-Initiative mit dem Ziel, die Privatisierung des Trink- und Abwassersystems der Stadt Saloniki zu verhindern

Frauen und Wasserversorgung

  • Bintou Ibrahima Datt (Association Laawol Diam, Senegal): Eingangszitat zu Abschnitt „Frauen und Wasserversorgung“
  • VertreterInnen des Collectif 13 Droits des Femmes (Frankreich): Erklärung und Alternativvorschläge zum Abschluss des Workshops und der Plenarsitzung des Themenstranges „Frauen und Wasser“

Widerstand gegen Privatisierung

  • Maria-Theresa Lauron (IBON International, Philippinen): Eingangszitat zu Abschnitt „Widerstand gegen Privatisierung“
  • AktivistInnen der Plattform gegen die Privatisierung von Canal de Isabel II (Spanien): Die Mobilisierung für einen Privatisierungsstopp des Wasserversorgungsunternehmens Canal de Isabel II in Madrid
  • Marlon Cabrera Posligua (Asamblea de usuarios del agua, Ecuador): Der Kampf der sozialen Organisationen und der städtischen Kontrollbehörde gegen die Privatisierung der Wasserwirtschaft in Ecuador
  • Muhammad Reza (KruHA – BürgerInnenkoalition für das Recht auf Wasser, Indonesien): Dem skandalösen Wasser-Geschäft in Jakarta auf der Spur

Lektüre für Post-FAME 2012

Lizenz: CC BY-NC 2.0

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Juni 25

Was wurde aus dem Antrag einer Zukunftswerkstatt für die Reichsstraße in Wolfenbüttel?

Was wurde aus dem Antrag einer Zukunftswerkstatt für die Reichsstraße in Wolfenbüttel?

Demokratie funktioniert nur, wenn alle möglichst offen und ehrlich miteinander umgehen. Entsprechend müssen die Vorgänge in den Gremien für die Bürgerinnen und Bürger transparent und nachvollziehbar sein. Dem soll der nachfolgende Bericht dienen. Es wird bewusst darauf verzichtet, die beschriebenen Vorgänge zu kommentieren.

Wolfenbüttel, 25.06.2012. (re) Anfang Mai wurde auch hier im Ostfalen-Spiegel berichtet, dass die Fraktion der Piratenpartei im Wolfenbütteler Stadtrat und das Bürgermitglied im Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) Rainer Elsner den Antrag gestellt haben, bei der Gestaltung der Reichsstraße für eine bessere Bürgerbeteiligung die Methode Zukunftswerkstatt anzuwenden. Der Antrag wurde nun am 19. Juni 2012 im BSU behandelt und abgelehnt.

Da die lokale Presse in den Berichten (BZ-WZ u. WFheute) zur betreffenden Ausschusssitzung den Antrag und die damit verbundene Diskussion mit keiner Silbe erwähnt hat, folgt nun hier ein knapper Bericht über den gesamten Vorgang.

Der Antrag

Der Antrag wurde am 2. Mai 2012 gestellt und sollte in der Sitzung am 8. Mai beraten und möglichst auch abgestimmt werden. Dies wurde vom Bürgermeister mit dem Hinweis auf eine zu kurze Frist abgelehnt. Der Antrag sollte entsprechend in der darauffolgenden Sitzung behandelt werden. Die Frist für Anträge beträgt laut Geschäftsordnung 10 Tage.

In der nächsten Sitzung am 22. Mai wurde der Antrag ohne die Antragsteller zuvor zu informieren wieder nicht auf die Tagesordnung gesetzt. Auf Nachfrage wurde mitgeteilt, dass der Antrag in der Sitzung am 19. Juni behandelt werden solle, in der ohnehin die Innenstadtgestaltung von Wolfenbüttel diskutiert werden soll. Warum dies nicht im Vorfeld der Sitzung mit den Antragstellern abgesprochen wurde, wurde nicht hinreichend erklärt.

Mängel im Verfahren

Für die 9. Sitzung des BSU wurde der Antrag dann tatsächlich mit auf die Tagesordnung gesetzt. Jedoch hatte dies mehrere Mängel. Wie weit diese Mängel auch von rechtlicher Bedeutung sind, ist der Redaktion derzeit nicht bekannt. Die Mängel waren folgende:

1.) Der Antrag wurde in der Einladung zur Sitzung nicht als solcher genannt, sondern er wurde lediglich als Dokumentennummer im Tagesordnungspunkt „Zukunftsprofil – Innenstadt Wolfenbüttel“ erwähnt. Eigentlich ist es aber üblich (notwendig?), einen Antrag als eigenen Tagesordnungspunkt in der Tagesordnung zu nennen und zu behandeln.

2.) Der Antrag war nur der schriftlichen Einladung beigelegt. Rats- und Ausschussmitglieder, die auf den Versand per E-Mail umgestellt haben, haben den Antrag nicht erhalten.

3.) Der Antragstext war auch nicht im Internet abrufbar. Normalerweise werden die Unterlagen auch im Ratsinformationssystem der Stadt Wolfenbüttel als PDF-Dateien bereitgestellt. Bis einschließlich dem Sitzungstag war dort aber nur die Vorlage der Verwaltung abrufbar. Von dem Antrag wussten also nur die Empfänger der Briefverteilung. Für alle anderen, insbesondere für Bürgerinnen und Bürger war nicht ersichtlich, dass außer dem „Zukunftsprofil – Innenstadt Wolfenbüttel“ ein weiterer Beschlussantrag in der Sitzung diskutiert werden soll.

Weitere formale Mängel

Zu diesen Mängeln in der Bearbeitung und Bekanntmachung des Antrags kommen weitere formale Mängel.

4.) Der Antrag wurde fälschlicherweise nur als Antrag der Fraktion der Piratenpartei bezeichnet. Tatsächlich war es aber (s. o.) ein Antrag der Fraktion der Piratenpartei im Wolfenbütteler Stadtrat und des Bürgermitglieds im BSU Rainer Elsner. Herr Elsner wurde zwar von der Piratenpartei benannt und arbeitet mit dieser zusammen. Er ist aber weder Mitglied der Fraktion (das können nur Ratsmitglieder sein), noch ist er derzeit Mitglied der Piratenpartei.

5.) Das Bürgermitglied Elsner war am betreffenden Sitzungstag geschäftlich verhindert. Deshalb hatte er ein schriftliche Begründung seiner Abwesenheit und eine schriftliche Stellungnahme zum Antrag verfasst. Diesen Text hatte er mit der Bitte um Weitergabe an die Ausschussmitglieder an die Verwaltung gesandt. Dieser Bitte wurde allem Anschein nach nicht nachgekommen.

Wie einleitend schon berichtet, wurde der Antrag von der Mehrheit des Ausschusses abgelehnt. Das ist in einem demokratischen Prozess normal. Ob der verwaltungsseitige Umgang mit dem Antrag auch normal und korrekt war, bleibt die offene Frage.

Weitere Informationen:

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Juni 16

#4 Ein Bundespräsident in fragwürdiger Tradition

Ein Bundespräsident in fragwürdiger Tradition

Ein kurzer Denkanstoß zur Antrittsrede von Bundespräsident Gauck in der Führungsakademie der Bundeswehr

Denk-Anstoß #4 – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

„Die Freiheit als Mensch, deren Prinzip für die Konstitution eines gemeinen Wesens ich in der Formel ausdrücke: Niemand kann mich zwingen, auf seine Art (wie er sich das Wohlsein anderer Menschen denkt) glücklich zu sein, sondern ein jeder darf seine Glückseligkeit auf dem Wege suchen, welcher ihm selbst gut dünkt, wenn er nur der Freiheit anderer, einem ähnlichen Zwecke nachzustreben, die mit der Freiheit von jedermann nach einem möglichen allgemeinen Gesetze zusammen bestehen kann, (d.i. diesem Rechte des andern) nicht Abbruch tut.“

Immanuel Kant

Wolfenbüttel, 16.06.2012 (Ergänzungen 18.06.2012). Schade! Mehr fällt mir zunächst nicht ein. Oder vielleicht auch noch: Das habe ich aber leider nicht anders erwartet. Denn Herr Gauck reiht sich gerade in mehrere fragwürdige Traditionen ein. Die eine Tradition ist relativ alt und zeitweise zu ertragen, denn wir sind alle Menschen. Diese Tradition ist die von Bundespräsidenten, die es nicht schaffen, diesem Amt eine besondere Rolle und Würde im politischen Geschehen zu verleihen. In meiner persönlichen Erinnerung, die diesbezüglich irgendwann in den 1970er Jahren einsetzt, hatten wir zwei Präsidenten, die sich definitiv nicht in diese Tradition einreihten, sondern das Amt auf je eigene Weise besonders würdevoll ausübten: Richard von Weizsäcker und Johannes Rau. Es ist also keine Frage des Parteibuches.

In den Chor einstimmen, der uns Deutsche wieder kriegstauglich machen will

Eine weitere fragwürdige Tradition ist relativ jung. Sie wurde von Horst Köhler begründet. Das ist die Tradition von Bundespräsidenten, die kritiklos in den Chor einstimmen, der uns Deutsche (eigentlich grundgesetzwidrig) wieder kriegstauglich machen will. Horst Köhler sagte sinngemäß, dass wir uns daran gewöhnen müssen, dass der Krieg wieder ein legitimes Mittel der Außenpolitik wird und knüpfte damit – vielleicht ungewollt – an eine Tradition an, die uns schlussendlich in zwei grausame und menschenverachtende Weltkriege geführt hat. Und Joachim Gauck reiht sich ein, indem er – wie schon in anderen politischen Fragen – das Regierungshandeln als richtig und Kritik daran sinngemäß als Gedanken verwöhnter, undankbarer Spinner abtut. Und, schlimmer noch, indem er in diesem Fall Kriegsgegner als „Glückssüchtig“ brandmarkt – na schönen Dank auch lieber Herr Pfarrer Gauck!

So wenig ein Soldat im Krieg fällt – er wird getötet, er stirbt auf tragische Weise

Da sollen wir also wieder hin, ja? Dass wir gefallene Soldaten als Helden verehren und ihren lebenden Kameraden den Bürgersteig frei machen. Dass es für jeden ordentlichen Bürger die erstrebenswerteste Auszeichnung ist, Reserveoffizier zu sein. – Also in die „mit Gewalt imprägnierte Gesellschaft“, der wir viele Millionen tote, verwundete und traumatisierte Menschen verdanken. Nein Herr Gauck! So wenig ein Soldat im Krieg fällt – er wird getötet, er stirbt auf tragische, oft grausame Weise, so wenig sollten wir getötete Soldaten als Helden feiern oder zu ihnen verklärt aufschauen!

unseren Soldatinnen und Soldaten Respekt und Anerkennung  entgegenbringen

Was wir tun sollten (auch, weil wir als Wählerinnen und Wähler die Politik mit verantworten), ist, unseren Soldatinnen und Soldaten Respekt und Anerkennung dafür entgegenbringen, dass sie bereit sind, Leben und Gesundheit für uns und unsere Freiheit einzusetzen – wie das aber tagtäglich auch Polizisten und Feuerwehrleute tun! Dennoch, ich bin der Letzte, der den Soldaten der Bundeswehr (sofern sie wirklich zu ihrem Eid auf unsere Verfassung stehen), den Respekt und die Anerkennung ihrer Arbeit gegenüber versagt. Diesen Respekt und diese Anerkennung verdienen sie (- bekommen sie von ihrem Dienstherren im Falle von Verwundungen und Traumatisierungen aber häufig wohl nicht ausreichend). Nur, Soldaten sind keine besseren Menschen. Und der Respekt ihrer Arbeit gegenüber bedeutet nicht, dass ich ihren Einsatz irgendwo in der Welt für gut und richtig befinden muss! Und das bedeutet sowieso nicht, dass ich Krieg für richtig befinden muss!

Und, lieber Herr Gauck, solange Deutschland zu den größten Rüstungsexporteuren der Welt gehört, solange bleibt eine noch so gut gemeinte militärische „Hilfe“ scheinheilig. Ob wir in den Irak schauen, nach Afghanistan oder nach Libyen, alle bösen Unterdrücker und Diktatoren haben immer auch Waffen aus den „freiheitsliebenden“ westlichen Industrienationen gehabt – die USA vorne weg und wir Deutschen oft nicht weit dahinter – leider!

Nachtrag

Dieser kurze Kommentar wurde vor allem von den Beiträgen von Albrecht Müller in den NachDenkSeiten inspiriert. Deshalb möchte ich allen Leserinnen und Lesern ans Herz legen, auch diese Beiträge zu lesen:

Worte des Bundespräsidenten: Ekelhaft und geschichtsvergessen“ vom 12. Juni 2012

Nachtrag zum kritischen Beitrag über die Worte des Bundespräsidenten zu Militäreinsätzen“ vom 13. Juni 2012

Und ganz besonders auch:

„Nie wieder Krieg“– Diese Einsicht soll offensichtlich endgültig der Vergangenheit angehören. Eine Art Wochenrückblick.“ vom 15. Juni 2012

In diesem jüngsten Beitrag ist vor allem das dort wiedergegebene Leserecho wichtig und interessant.

Ergänzung vom 18. Juni 2012:

Derzeit fehlt mir leider die Zeit, meine Kritik und damit verbundene Hinweise für das Denken ausführlicher darzulegen. Allerdings halte ich das Thema für so wichtig, dass es hier eben nicht unkommentiert bleiben sollte. Der Vorteil vom Internet ist dann ja der, dass für die ausführlichere Kritik auf passend erscheinende Beiträge anderer Menschen verwiesen werden kann. Das möchte ich deshalb hier nochmals tun. Der Aufsatz „Wenn sie uns vorsterben wollten“ von Holdger Plata im Spiegelfechter übt einige passend erscheinende Kritik und gibt einige bedenkenswerte Hinweise.

Das einleitende Zitat von Kant kam ebenfalls erst am 18. Juni hinzu.

Quellen und Verweise

Außerdem war das Thema „Deutschland und der Krieg“ schon mehrfach Thema im Ostfalen-Spiegel. Die zugehörigen Beiträge liefern entsprechend weitere Informationen, Quellen und Hinweise wie auch weitere Klarheit in meinem zugrundeliegenden Standpunkt:

I. Tapfer sterben …“ – Gedanken zum Zeitgeist (Juni 2010)

Eine mit Gewalt imprägnierte Gesellschaft“ – Buch-Rezension (Juni 2010)

#3 Der Marsch in die Vergangenheit“ – Denk-Anstoß #3 (Dezember 2011)

Die Revitalisierung militärisch geprägter Außenpolitik“ – Hinweise (Januar 2012)

Amnesty startet Kampagne für effektive Kontrolle des internationalen Waffenhandels“ – Amnesty International Pressemitteilung (März 2012)

und zahlreiche weitere Meldungen zum Stichwort „Rüstungsexprote“

Außerdem wichtig im Ostfalen-Spiegel:

V. Begründung einer Hoffnung“ – Gedanken zum Zeitgeist – 62. Jahre Gundgesetz (Mai 2011)

Hintergrund:

Redetext des Bundespräsidenten

YouTube-Video vom Antrietsbesuch und der Rede des Bundespräsidenten

Zumach, Andreas: „Waffen Boom trotz Krise – wegen knapper Kassen sparen Regierungen an allen Enden – nur nicht bei der Rüstung“ Greenpeace-Magazin 4.12, S. 20 ff. (http://www.greenpeace-magazin.de/). – In diesem Artikel, der sich auf Zahlen des Stockholmer Friedensforschungsinstituts (SIPRI) stützt, wird Deutschland auf Rang 3 der größten Rüstungsexporteure weltweit gesetzt!

http://de.wikipedia.org/wiki/Waffenexport

http://de.wikipedia.org/wiki/Joachim_Gauck

http://de.wikipedia.org/wiki/Hedonismus

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Juni 2

Wahrscheinlichkeit von Reaktorunfällen in Westeuropa besonders hoch

Das Spiel mit dem Feuer

Wahrscheinlichkeit von Reaktorunfällen in Westeuropa besonders hoch

Mainz / Landau / Wolfenbüttel, 29.05. / 02.06.2012. (re) Vernünftige Menschen sind sich dessen schon lange bewusst. Nun berichten die NachDenkSeiten in ihren „Hinweisen des Tages“ von einer Studie des Max-Planck-Instituts für Chemie aus Mainz, die das Risiko der Atomkraft deutlich benennt und dabei die bisher diskutierte Wahrscheinlichkeit deutlich erhöht. Der zugrundeliegende Bericht der Max-Planck-Gesellschaft findet sich in „Quelle 1“.

Wolfgang Lieb, Hinweise des Tages vom Dienstag, 29.05.2012, Meldung 13, Lizenz CC BY-NC-ND 2.0:

Der nukleare GAU ist wahrscheinlicher als gedacht

Westeuropa trägt das weltweit höchste Risiko einer radioaktiven Kontamination durch schwere Reaktorunfälle.

Katastrophale nukleare Unfälle wie die Kernschmelzen in Tschernobyl und Fukushima sind häufiger zu erwarten als bislang angenommen. Wissenschaftler des Max-Planck-Instituts für Chemie in Mainz haben anhand der bisherigen Laufzeiten aller zivilen Kernreaktoren weltweit und der aufgetretenen Kernschmelzen errechnet, dass solche Ereignisse im momentanen Kraftwerksbestand etwa einmal in 10 bis 20 Jahren auftreten können und damit 200 mal häufiger sind als in der Vergangenheit geschätzt. Zudem ermittelten die Forscher, dass die Hälfte des radioaktiven Cäsium-137 bei einem solchen größten anzunehmenden Unfall mehr als 1.000 Kilometer weit transportiert würde. Die Ergebnisse zeigen, dass Westeuropa – inklusive Deutschland – wahrscheinlich einmal in etwa 50 Jahren mit mehr als 40 Kilobecquerel radioaktivem Cäsium-137 pro Quadratmeter belastet wird. Ab dieser Menge gilt ein Gebiet laut der Internationalen Atomenergie Behörde IAEA als radioaktiv kontaminiert. Die Forscher fordern aufgrund ihrer Erkenntnisse eine tiefgehende Analyse und Neubetrachtung der Risiken, die von Kernkraftwerken ausgehen.

Quelle 1: Max-Planck-Gesellschaft

Quelle 2: Global risk of radioactive fallout after major nuclear reactor accidents [PDF – 10.2 MB]

Siehe auch: Weiterhin Sorge um Fukushima

Besondere Aufmerksamkeit gilt dem Reaktorblock Nummer 4, der zum Zeitpunkt des Tsunami vom 11. März 2011 in Wartung war. Die 1535 Brennstäbe lagerten daher im Abklingbecken ausserhalb der Reaktorschutzhülle. Als der Strom ausfiel, begann das Wasser zu verdampfen, und der Kraftwerkbetreiberin Tepco gelang es nur mit grösster Mühe, Wasser nachzupumpen. Auch wenn die Kühlung heute funktioniert, stellt sich die Frage, wie stabil das Gebäude noch ist, nachdem es von einem starken Erdbeben, einem Tsunami und einer Wasserstoffexplosion erschüttert worden ist. Das Becken befindet sich zwischen dem dritten und dem fünften Stock, der Zugang ist entsprechend schwierig, und sein Gewicht drückt auf die Gebäudestruktur. Falls das Reaktorgebäude 4 einstürzt oder das Wasser ausfliesst, sind die Folgen einer Kernschmelze nach Ansicht von Experten verheerend. Die dort lagernden Brennstäbe enthalten ein Vielfaches der in Tschernobyl freigesetzten Menge an radioaktivem Cäsium. Da das Becken seit der Explosion nicht einmal mehr ein Dach hat, würden die radioaktiven Stoffe in die Umwelt gelangen und je nach Windrichtung und -stärke weite Gebiete verstrahlen. Erst wenn alle Brennstäbe geborgen sind, ist diese Gefahr gebannt. Doch selbst Tepco geht davon aus, dass dies frühestens in dreieinhalb Jahren der Fall sein wird.

Quelle: NZZ

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Juni 1

Buchvorstellung: Trotzdem: Menschenrechte!

Trotzdem: Menschenrechte!

Versuch, uns und andern nach nationalsozialistischer Herrschaft Menschenrechte zu erklären

Komitee für Grundrechte und Demokratie Pressemitteilung vom 1. Juni 2012

Buchvorstellung

Köln, 01.06.2012. (grundrechtekomitee) Das Buch ist anlässlich des 30. Gründungsjahres des Komitees für Grundrechte und Demokratie im Jahr 2010 konzipiert worden. Gründungsmitglied Wolf-Dieter Narr unternimmt in diesem Buch den Versuch, Menschenrechte so allgemeinverständlich zu erklären, dass sie zur Grundlage und zum Horizont menschlichen Handelns, Orientierens und Urteilens zu werden vermögen.

Es geht ihm, um menschenrechtlich ausgerichtete, befreiende (Alltags)praxis

Es geht ihm, um menschenrechtlich ausgerichtete, befreiende (Alltags)praxis. Dazu untersucht er, unter Mitarbeit von Dirk Vogelskamp, Begriff und Wirklichkeit der Menschenrechte vieldimensional in über 60 kürzeren thematischen Abschnitten, die wiederum unter acht besonderen Aspekten der Menschenrechte gegliedert sind. Entstehung und Begründung der Menschenrechte,  Staat und Menschenrechte, Menschenrechte und ihre Anwendung und weitere Aspekte. In zehn gesonderten Einschüben werden Schlüsselbegriffe rund um das Menschenrechtsthema erläutert. Dazu gehören: Naturrecht, Naturzustand und Gesellschaftsvertrag oder die Dialektik von Allgemeinem und Besonderem. Einer der Exkurse wendet sich dem geschichtlichen Gewordensein des Subjekts der Arbeit zu unter dem Titel: „Ich Nazijunge.“ Das Buch gleicht zuweilen einem Steinbruch, in dem nach der historischen und gegenwärtigen Wahrheit der Menschenrechte gesucht wird. Es lädt in den Verwerfungsschichten hinterlassener Aufschüttungen und Gruben zum eigenen Weiterschürfen ein.

Von allen Büchern und Aufsätzen sei  ihm diese Arbeit am schwersten gefallen, so Wolf-Dieter Narr im Vorwort. Die vielen aufgenommenen Gedankenfäden, nur lose verknüpft,  nähern sich in unterschiedlichen Suchbewegungen immer erneut dem Gegenstand des Buches an:  Mensch(en), Menschheitsgeschichte und Menschenrechte. Brennenden aktuellen Fragen sowie der radikalen Infragestellung des Menschen unter nationalsozialistischer Herrschaft wird nicht ausgewichen: Wie lässt sich nach nationalsozialistischer Herrschaft, nach der Entmenschung des Menschen überhaupt noch von Menschenrechten reden?

… frei zu sein, sich selbst zu bestimmen und im gesellschaftlichen Lebenskontext mitzubestimmen …

In dem abstrakten Begriff der Menschenrechte werden nach der Vorstellung der Autoren Bedürfnisse, Erfordernisse und Möglichkeiten des Menschen gefasst. Diese sprudeln zu allen Zeiten aus den Quellgründen der Menschenrechte, insbesondere aus der Herrschafts-, der Emanzipations-, der Leidens- sowie aus der Kunst- und Religionsgeschichte der Menschen. Aus ihr lassen sich einige zu allen Zeiten „konstante“ Bedürfnisse heraussieben: frei zu sein, sich selbst zu bestimmen und im gesellschaftlichen Lebenskontext mitzubestimmen, um nur einige zu nennen, die leicht zu aktualisieren sind. Menschenrechte werden daher individuell und kollektiv als gesellschaftspolitische Maßverhältnisse verstanden. Wie die derart bestimmten vorstaatlichen Menschenrechte als Aktivrechte des Menschen die gesellschaftlichen Bedingungen kritisch zu hinterfragen und zu verändern hätten, davon handelt des Weiteren das Buch.

Komitee für Grundrechte und Demokratie (Hrsg.), Wolf-Dieter Narr zusammen mit Dirk Vogelskamp: Trotzdem: Menschenrechte! Versuch, uns und anderen nach nationalsozialistischer Herrschaft Menschenrechte zu erklären. Köln 2012, S. 292; 18,- Euro (ISBN 978-3-88906-137-9)

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Mai 6

Wolfenbüttel: Umgestaltung der Reichsstraße mit Zukunftswerkstatt

PIRATEN beantragen Zukunftswerkstatt

Gemeinsamer Antrag von Piratenfraktion und Bürgermitglied im Bauausschuss der Stadt Wolfenbüttel

Pressemitteilung der Fraktion der Piratenpartei im Rat der Stadt Wolfenbüttel vom 2. Mai 2012

Wolfenbüttel, 02.06.2012. (pp-wf-sz / re, Update, neues Update 18.06.12 s. u.) “So, wie ich mich in meinen eigenen vier Wänden wohlfühle, weil ich sie mit eingerichtet habe, so möchte ich mich auch in meiner Stadt fühlen, weil ich sie mit gestalten durfte”, erklärt Werner Heise, Fraktionsvorsitzender der Piratenpartei im Rat der Stadt Wolfenbüttel, einleitend einen jetzt eingereichten gemeinsamen Antrag der PIRATEN und des Bürgermitglieds im Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt Rainer Elsner. Aufbauend auf dem bereits genehmigten Antrag von der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen zur Bürgerbeteiligung bei der Umgestaltung der Reichsstraße möchten die PIRATEN und Elsner diesen konkretisieren. “Wir haben zwar beschlossen die Bürger zu beteiligen, aber wie das konkret aussehen soll, steht bislang nicht fest. Wir möchten daher für Klarheit sorgen”, so Heise. “In persönlichen Gesprächen, Leserbriefen und Presseartikeln hat man gesehen wie sich die Bürger kritisch mit der Umgestaltung des Kornmarktes und der Reichsstraße auseinandersetzen und viele gute Ideen vorbringen. Wer solch ein Interesse an seiner Stadt zeigt, soll auch an der Umsetzung mit seinen Ideen beteiligt werden.”

Mitreden, Ideen einbringen und gemeinsam gestalten, das sei das gewünschte Ziel

Mitreden, Ideen einbringen und gemeinsam gestalten, das sei das gewünschte Ziel. Daher beantragen das Bürgermitglied und die Piratenpartei für die Umgestaltung der Reichsstraße sowie für die Detailplanung des Kornmarktes die Durchführung einer Zukunftswerkstatt. Das unter anderem vom Zukunftsforscher Robert Jungk in den 70er Jahren entwickelte Verfahren führt Personen in Gruppen zusammen um gemeinsam in moderierter Form neue Ideen aus Visionen zu entwickeln. Der konkrete Ablauf orientiert sich an der gestellten Aufgabe und ist grob in 3 Phasen eingeteilt.

Die 1. Phase ist die Beschwerde- und Kritikphase. Sie dient der kritischen Aufarbeitung des Problems und der Bestimmung des Ist-Zustandes. Die 2. Phase ist die Phantasie- und Utopiephase. In dieser Phase soll der Ist-Zustand mit sozialer Phantasie und Kreativität überwunden werden. Hier sind quasi alle Gedanken erlaubt – auch solche, die scheinbar nicht zu verwirklichen sind. Es wird ein Wunschhorizont entwickelt. Die 3. Phase ist die Verwirklichungs- und Praxisphase. Die Wünsche werden zu Forderungen und Projektansätzen verdichtet. Das Erarbeitete wird auf die Realität zurechtgestutzt.

Eine größere Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, unter ihnen auch Anwohner und andere Betroffene, soll dabei beteiligt werden

Eine größere Zahl von Bürgerinnen und Bürgern, unter ihnen auch Anwohner und andere Betroffene, soll dabei beteiligt werden. Die Auswahl der Personen muss transparent und nachvollziehbar sein.

Das Bürgermitglied Rainer Elsner und der Pirat Werner Heise sehen in diesem Antrag nicht nur einen Lösungsansatz zur Gestaltung des Bereiches Kornmarkt und Reichsstraße. Sofern man diese Methode der Bürgerbeteiligung, welche bereits in anderen Kommunen Anwendung fand, erfolgreich für Wolfenbüttel an diesem Beispiel testet, sei die Zukunftswerkstatt ein geeignetes Mittel die Bürgerinnen und Bürger auch bei einer grundsätzlichen Neugestaltung der Innenstadt mit ins Boot zu holen.

Erg. Information der Red.- Update 2 (Update 1 war die Verschiebung)!:

(re) Der Antrag wird nun in der 9. Sitzung des Ausschusses für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) eingebracht zusammen mit der Innenstadtentwicklung diskutiert und zur Abstimmung vorgelegt. Aller Anschein spricht dafür, dass diese Abstimmung möglichst unbemerkt und negativ über die Bühne gehen soll. Denn der Antrag wurde zweimal von Verwaltungsseite verschoben und die Informationen für Rat und Öffentlichkeit wurden auf das allenfalls nötigste reduziert. Online, also im RIS, ist der Text des Antrages bis heute so wenig zu sehen, wie er im Mailverteiler war. Aber auch soetwas birgt eine Aussage in sich. Bleibt die Frage, wem „der Konzern“ (?) Stadt gehört? – Ergänzung: Der ganze Vorgang wurde nach der 9. Sitzung in einem neuen Artikel zusammengfasst.

Weitere Informationen folgen ggf.

Den Wortlaut des Antrages finden Sie hier http://www.piratenpartei-wolfenbuettel.de/wp-content/uploads/Antrag_Zukunftswerkstatt_2012-05-02.pdf.

Weitere Informationen aus dem Stadtrat finden Sie im Ratsinformationssystem (RIS) der Stadt Wolfenbüttel.

Weitere Informationen zur Zukunftswerkstatt bei Wikipedia.

Persönlicher Hinweis:

Normalerweise werden hier keine Mitteilungen politischer Parteien veröffentlicht. Umstände und Bedeutung des Antrags lassen mir aber eine Ausnahme von der Regel als sinnvoll erscheinen. Auch bin ich selbst als Bürgermitglied im BSU an diesem Antrag beteiligt.

Zudem hoffe ich, dass die Vorteile und der Zugewinn des Antragsinhaltes für unsere Stadt parteiübergreifend auf Einsicht und Zustimmung trifft.

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März 21

Kritik der Argumente gegen Windkraftanlagen

Kritik der Argumente gegen Windkraftanlagen

Ergänzung zum Kommentar und der anschließenden Diskussion

Eine kommentierte Information – im Ostfalen-Spiegel

Von Rainer Elsner

Am 21. Februar habe ich an dieser Stelle einen Kommentar zu der Auseinandersetzung um den geplanten Windpark im Gebiet zwischen den Ortschaften Ahlum (Stadt Wolfenbüttel) und Dettum (Samtgemeinde Sickte) veröffentlicht [1]. Dieser Kommentar führte (wie durchaus gewünscht) zu einer kleinen Diskussion mit Gegnern des Windparks um die im Kommentar geäußerte Kritik an den Gegnerinnen und Gegnern des Windparks und um die Argumente gegen den Windpark. Der Kern meiner dort geäußerten Kritik hingegen, der Hinweis auf die Gründe für die Notwendigkeit von solchen Windparks und somit die Notwendigkeit, diese Gründe in die Diskussion um Windparks mit einzubeziehen, wurde nicht diskutiert. Allenfalls ein paar Anmerkungen zu erneuerbaren Energien sind zu finden. In der eigentlichen Auseinandersetzung wird dies aber konsequent ausgeblendet – ein kurzer Blick auf die Seite „WindparkADe“ reicht [2].

Offene Diskussion

Auch meine Anregung, dass sich alle Beteiligten zu einer offenen Diskussion um die Errichtung des Windparks zusammenfinden, wurde und wird kompromisslos abgelehnt. Diese kompromisslose Haltung konnte ich auf der Seite der potentiellen Betreiber und Planer nicht antreffen. Diese sind durchaus zu Zugeständnissen bereit. Entsprechend hoffe ich für alle Beteiligten dennoch unverändert, dass sich auch die Seite der Gegner noch bewegt.

Nach einer kurzen Bedenkzeit und der Lektüre von Dokumenten, die angeblich eindeutige Argumente gegen den Windpark liefern, habe ich zu der Diskussion deshalb noch einen Nachtrag veröffentlicht. Darin habe ich angemerkt, dass ich mich leider in meiner Kritik an den Windparkgegnern bestätigt gefunden habe. Denn diese Dokumente liefern nicht so eindeutige Fakten gegen den Windpark, wie das die Aussagen und die „Stimmlage“ der Gegner vermuten lassen. Diese kurzen Hinweise versprach ich, in Kürze zu untermauern – was mit diesem Text nun geschieht.

Kritische Betrachtung

Basierend auf den hier und in meinen anderen Beiträgen genannten Quellen sowie weiteren Gesprächen unter anderem auch mit Vertretern der potentiellen Betreiber und Planer des Windparks versuche ich nun (zum Teil wiederholt!) die Argumente gegen den Windpark Ahlum-Dettum kritisch zu betrachten.

Meinen eigentlich nicht so kompromisslosen Standpunkt, vertrete ich hier nicht noch mal ausführlich. Das habe ich in meinem zugrundeliegenden Artikel „Ein Windpark sorgt für aufgeheizte Diskussionen“ nebst Kommentar-Erwiderungen [1] sowie meinem Diskussionspapier für die Ratsfraktion der Wolfenbütteler Piratenpartei [3] bereits (ich glaube fürs erste ausführlich genug) getan. Hier versuche ich mich auf die Fakten zu konzentrieren, damit sich andere Leserinnen und Leser ihr eigenes Urteil bilden können. Um der Kürze willen gebe ich meine Gedanken auch zum Teil nur verkürzt wieder, wenn ich sie in den genannten Beiträgen bereits ausführlicher dargelegt hatte. Es ist also empfehlenswert, alle Beiträge zu lesen!

Gegenargumente

Trotz der nun noch etwas intensiveren Auseinandersetzung mit den Themen, bleibt diese kritische Betrachtung der Gegenargumente eine unvollständige Momentaufnahme. Belastbare (!) Fakten nehme ich also unverändert gerne entgegen.

1.) Die Entscheidung über die Errichtung des Windparks ist nur eine Angelegenheit der Anwohner

Da der Rat der Stadt Wolfenbüttel gerade eine Befragung der Bürgerinnen und Bürger zum Windpark zwischen Ahlum und Dettum beschlossen hat, beginne ich mit diesem politischen Argument.

Begründet wird die genannte Sichtweise damit, dass nur die Anwohnerinnen und Anwohner von den Anlagen unmittelbar betroffen sind. Diese Meinung teile ich nicht. Ich sehe das Problem nicht allein als eine von den Anwohnern zu regelnde Frage an, sondern es ist ein Problem der Gemeinschaft (Gesellschaft) insgesamt. Wo der Strom zurzeit herkommt, hat viele plötzlich so engagierte Akteure zuvor auch nicht interessiert. Sowie eine Straße nur an einer bestimmten Stelle gebaut werden kann, kann auch ein Windpark oder ein Kraftwerk nur an bestimmten Stellen gebaut werden. Als Aufgaben der Gemeinschaft bleiben sie dennoch auch Entscheidungen der Gemeinschaft.

2.) Mit dem Atommüllendlager Asse 2 ist die Region bereits überdurchschnittlich belastet. Deshalb ist ein Windpark eine unzumutbare zusätzliche Last für die Bewohnerinnen und Bewohner der Region um die Asse.

Dieses Argument ist aus meiner Sicht kein Sachargument, sondern eine Frage der subjektiven Wahrnehmung und Empfindung wie auch eine Frage der Bewertung der nachfolgenden Sachargumente.

Im Zusammenhang mit den nachfolgend erörterten Sachargumenten bekommt dies Argument nur dann Gewicht, wenn sich ein Windpark als tatsächlich besonders gesundheitsgefährdend herausstellt. Meine Einschätzung ergibt sich folglich auch aus der Erörterung der nachfolgenden Punkte.

Die subjektive Bewertung oder auch Empfindung bleibt jeder Person individuell überlassen. Sie lässt sich nicht verallgemeinern! Hinter Gemeinschaftsaufgaben muss dann mitunter eine persönliche Bewertung zurückstehen. Wie ich es bereits in meinem Diskussionspapier [3, S. 9] und in meiner Antwort auf den ersten Kommentar meines zugrundeliegenden Artikels [1] dargestellt habe, ist das Thema Asse 2 für mich kein eindeutiges Argument gegen den Windpark, sondern aus meiner Sicht sogar – als ein Zeichen der Hoffnung – ein Argument für diesen Windpark. Aus der tatsächlich menschenverachtenden Atomkraftnutzung kann ich kurzfristig nur mit verträglicheren Alternativen aussteigen. Schon das Beispiel Asse 2 zeigt einen gewichtigen Unterschied: Wenn der Windpark in dreißig Jahren vielleicht nicht mehr benötigt wird, kann er nahezu rückstandsfrei wieder beseitigt und größtenteils sogar recycelt werden. Die Rückstände der Atomkraft bedrohen Menschen und Biosphäre hingegen noch für unzählige Jahrtausende.

3.) Im Verbandsgebiet des ZGB wird aktuell bereits 25% des Stroms aus erneuerbaren Quellen gewonnen. Im Bundesdurchschnitt sind es erst 15%. Warum muss der Großraum Braunschweig anstreben, als erstes Gebiet 100% zu erreichen? (sinngemäß wiedergegeben).

Wer eine solche Frage im Ernst stellt, hat wohl tatsächlich noch nicht begriffen, worum es im Kern geht. Zu dieser Frage ist deshalb eigentlich alles bereits gesagt worden. Als Hinweis gebe ich nur nochmal die Stichworte Ausstieg aus der Atomkraftnutzung, Klimawandel und Ressourcenverbrauch. [vgl. 1; 3]

4.) Bisher gibt es keinen vergleichbaren Industriewindpark in Deutschland mit Anlagen bis 185 Meter Höhe, der geplante Windpark wird ein Testfeld.

Das ist so nicht richtig. In Sachsen-Anhalt zum Beispiel gibt es Windparks mit deutlich mehr Anlagen als den geplanten 15 bis höchstens 40 Anlagen bei Dettum, beispielsweise parallel zur A2 in Richtung Berlin. Die Anlagenhöhe von etwa 185 Metern wird dabei aber in der Regel noch nicht (ganz) erreicht. Lediglich einzelne Windkraftanlagen (WKA) sind bereits mit solchen Höhen errichtet. Dies ist aber der kontinuierlichen Fortentwicklung der WKAs geschuldet. Genau aus diesem Grund wird der geplante Windpark auch kein Testfeld, denn die meisten aktuell in Planung befindlichen Windparks werden mit diesen dann Stand der Technik seienden Anlagen geplant. [4]

5.) Alle für die aktuelle Planung relevanten Gerichtsurteile stammen aus 2004 mit damaligem technischen Stand bzgl. Schattenwurf usw.

Aus zeitlichen Gründen habe ich das nicht recherchiert. Aber bei der Genehmigung von Windparks gilt das Bundesimmissionsschutzgesetz (BImSchG) mit seinen Verordnungen, welches sich immer auf den aktuellen Stand von Wissenschaft und Technik bezieht. Die Abstände müssten also ggf. korrigiert werden. [vgl. Quellen in 3]

6.) Schall und besonders Infraschall stellen eine besondere Belastung für die Anwohner dar.

Es ist unbestritten, dass von Schall eine Gesundheitsgefahr ausgeht. Mittlerweile wird dies auch für den unterhalb der Hörschwelle liegenden Infraschall so gesehen. Für beides sind auch (!) Windkraftanlagen Quellen. Jedoch wurden die Anlagen auch im Hinblick auf den Schall in den vergangenen Jahren deutlich optimiert, so dass die Emissionen deutlich reduziert wurden. Zugleich findet dies in den Vorschriften des BImSchG seinen Niederschlag, welches für die Genehmigung des Windparks bindend ist. [vgl. auch 3, S. 7]

7.) Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) fordert deutlich größere Abstände zwischen Wohnbebauung und Windkraftanlagen. Hierfür wird ein Informationspapier des Umweltbundesamtes (UBA) als Quelle genannt.

Richtig ist, dass die WHO nach neuesten Auswertungen wissenschaftlicher Untersuchungen eine Herabsetzung des nächtlichen zulässigen Schallpegels außerhalb von Wohnhäusern von bisher 45 dB(A) auf 40 dB(A) empfiehlt. Daraus lassen sich dann möglicherweise auch andere Abstände zu WKAs ableiten. Dies gilt jedoch nur, sofern die WKAs noch entsprechenden Schall emittieren. Speziell zu Windkraftanlagen oder Infraschall sind in dem UBA-Papier [5] keine Aussagen zu finden. Und auch eine erste Durchsicht eines englischsprachigen Originalpapiers der WHO führte zu keinen expliziten Aussagen zur Windkraft. [6]

8.) Speziell zum Thema Infraschall wird ein Papier der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe (BGR) angeführt, was die Schädlichkeit von WKAs belegen soll.

Die dem Papier zugrunde liegende Untersuchung befasst sich mit der Störung von Infraschall-Messungen durch WKAs. Infraschall-Messungen erfolgen unter anderem regelmäßig zur Überwachung des Atomwaffenteststoppabkommens. Auswirkungen von WKAs auf Menschen werden in dem Papier lediglich am Rande erwähnt. Dabei wird von den Autoren aber explizit festgestellt: „… Im Infraschall gibt es keinerlei Untersuchungen dieser Art, lediglich Abschätzungen. Werden jedoch die Ergebnisse dieser Arbeit sowie die Kurven aus Abbildung 10 zu Grunde gelegt, ist keine Belästigung von Anwohnern durch Windkraftanlagen im Infraschallbereich bis etwa 20 Hz gegeben, da im Abstand von 1 km ein 5-MW Windrad nur einen Schalldruckpegel von maximal 80 dB erzeugt. Lediglich bei Frequenzen oberhalb von 15 Hz und größeren Windparks wäre in dieser Entfernung eine Wahrnehmung möglich.“ [7, S. 14]

Nun lässt dieser Hinweis zwar die Auswirkungen größerer Windparks offen. Insofern ist dies auch kein Freibrief. In keinem Fall ist es aber ein eindeutiges Argument gegen WKAs, sondern zunächst eher ein Hinweis auf keine bis geringe Auswirkungen.

9.) Ebenfalls zum Thema Infraschall wird weiter eine Veröffentlichung des Robert Koch-Instituts (RKI) im Bundesgesundheitsblatt aus dem Jahr 2007 als Quelle gegen WKAs genannt.

Die in dem Bericht ausgesprochene Empfehlung befasst sich direkt mit den Auswirkungen von Infraschall und tieffrequentem Schall auf die Gesundheit von Menschen. Es wird festgestellt, dass in unserer technisierten Welt alle Menschen ständig Infraschall ausgesetzt sind. Dazu erfolgt der Hinweis, dass diese Formen des Schalls mehr Beachtung verdienen und zumindest auf einen kleinen Prozentsatz der Bevölkerung negative Auswirkungen haben. Ein weiterer Forschungsbedarf wird festgestellt. Als künstliche Quellen für den Infraschall werden zunächst nur Maschinen verschiedenster Art wie LKWs oder Heizungs- und Klimaanlagen oder auch Diskotheken genannt. Die Windkraft wird in diesem Papier als Quelle erst relativ spät (auf der 6ten von 7 Textseiten) und nachgeordnet aufgezählt [8, S. 1587].

Explizit heißt es dann: „… Ein weiteres Beispiel sind die Emissionen von Windkraftanlagen, die teilweise sehr nah an Wohnbereichen aufgestellt sind. Dazu wurden Messungen und Beurteilungen seitens der Bundesländer [39, 40], der Windenergieverbände [41, 42] und Umweltschutzverbande [43] vorgenommen. Sie ergaben einheitlich, dass die festgestellten Infraschallpegel von Windkraftanlagen unterhalb der normalen Wahrnehmungsschwelle liegen.“  [8, S. 1587 (Endnoten im Original)]

Dies wieder einschränkend heißt es dann allerdings weiter:

„Da die individuelle Wahrnehmungsschwelle stark um die nominale Wahrnehmungsschwelle streut, muss auch an die besonders sensitiven Personen gedacht werden. Darüber hinaus muss hinsichtlich der gesundheitlichen Bewertung auch der tieffrequente Hörschall beachtet werden. Hierzu liegen bisher keine ausreichenden Daten vor …“ [8, S. 1587]

Auch diese Quelle stellt bei WKAs zunächst keine Wahrnehmung durch Menschen fest, schließt eine Wirkung von WKAs aber nicht völlig aus. Genannt werden dabei aber sehr geringe Abstände zu den WKAs. Als Quellen für Infraschall werden in weiten Teilen der Diskussion – wie schon erwähnt – zunächst nur viele andere uns umgebene technische Einrichtungen aufgeführt. Unumstößliche Argumente gegen WKAs liefert das RKI-Dokument meines Erachtens also ebenfalls nicht.

10.) Schließlich wird als Argument noch die nach aktueller Rechtslage fehlende Höhenbegrenzung angeführt.

Dieses Argument ist bei genauer Betrachtung vor allem ein ästhetisches Argument. Denn die Höhen sind zunächst nur im Hinblick auf den Schattenwurf interessant. Da greift das BImSchG. Wenn solche Belastungen nicht auftreten, bleibt der Anblick der gewaltigen Anlagen. Dieser wird aber subjektiv und somit unterschiedlich bewertet. Auch mir gefällt die Landschaft an der Asse ohne den Windpark vermutlich besser als mit. Aber vor dem Hintergrund der zugrundeliegenden Probleme erscheint er mir dennoch erträglich und eben notwendig.

Soweit ich das recherchieren konnte, gibt es tatsächlich keine eindeutige Höhenbegrenzung für WKAs. Allerdings kann die zuständige Kommune, sofern sie dies stichhaltig begründen kann, sehr wohl eine Begrenzung der Höhen festlegen. Allerdings darf diese nicht offensichtlich allein der Verhinderung der Errichtung solcher Anlagen dienen. [4]

11.) Bei dem Bauen, Errichten und Betreiben von Windkraftanlagen wird viel Geld verdient. Nur das ist der Grund dafür, diese Anlagen zu errichten.

Zunächst ist dies sicher nicht der einzige Grund. Aber, dieses Argument ist wohl ohnehin das für mein Empfinden merkwürdigste Argument gegen Windkraftanlagen. Denn unsere gesamte derzeitige kapitalistische Wirtschaftsordnung basiert darauf, das Geld verdient wird. Wer es schafft, viel Geld zu verdienen, gilt als besonders erfolgreich – womit, ist zunächst nachrangig. Das also als Argument gegen WKAs anzuführen, ist an dieser Stelle wenig hilfreich. Und auch die (an dieser Stelle gar nicht belegten) Behauptungen, die Windkraftindustrie würde mit ihrer Finanzkraft über z. B. Spenden massiv Einfluss ausüben, kann als Argument allein gegen WKAs nicht gelten. Auch das gehört zu unserem derzeitigen Wirtschaftssystem dazu. Volkswagen zum Beispiel baut ganze Bundesligastadien, finanziert Bundesligavereine und ähnliches mehr. Deshalb lehnen die Windkraftgegner mehrheitlich vermutlich weder Automobile ab noch konkret Volkswagen – obwohl im Straßenverkehr mit Abstand deutlich mehr Menschen (und übrigens auch Vögel) zu Schaden kommen als bei Windkraftanlagen.

Gleichwohl ist dieses Argument – vermutlich ungewollt – ein Hinweis darauf, worin die zugrundeliegende Gesamtproblematik wurzelt. Eine grundsätzliche kritische Auseinandersetzung mit unserem Wirtschaftssystem wäre sicher hilfreich. Dazu folgen am Ende noch ein paar Sätze.

12.) Als letzten Punkt spreche ich nochmal meine Kritik an den Gegnern an, einfach nur dagegen zu sein und zu ignorieren, dass es eine gesamtgesellschaftliche Verantwortung gibt.

Bei meinen  Recherchen bin ich in den Beiträgen und Dokumenten der Gegner an keiner Stelle auf eine ernsthafte Auseinandersetzung mit dieser Gegebenheit gestoßen. Da sich die Beiträge und Internetseiten ohnehin stark gleichen, wird entweder gar nicht darauf eingegangen oder es wird sogar geleugnet. Hier vor Ort kommt es wenigstens in persönlichen Beiträgen (in Leserbriefen oder der hier zugrundeliegenden Diskussion) zu Hinweisen auf unsere ökologischen Probleme (vermutlich auch durch das Asse-2-Problem verstärkt). Wie ernst die Hinweise in der Praxis zu nehmen sind, kann ich allerdings bisher nicht erkennen. In der Regel wird einfach nur gegen WKAs gekämpft, sonst nichts. [2; 3] Dass es mir dann schwer fällt, den häufig aufgebauschten und selten eindeutig belegten Argumenten (die teilweise schon fast wie Verschwörungstheorien klingen) zu folgen, verstehen kritische Leserinnen und Leser hoffentlich.

Als positive Schritte sehe ich aber die Tatsachen an, dass hier überhaupt diskutiert wurde und dass die BI WindparkADe das Gedächtnisprotokoll [9] der kürzlich stattgefundenen Fahrt zu einem Windpark veröffentlicht hat. In dem Protokoll wurde für mein Empfinden relativ neutral über die Wahrnehmungen und Vorträge berichtet. Vielleicht schaffen es die Mitglieder der Initiative ja doch, ihre kompromisslose Position zu verlassen und an einer konstruktiven Diskussion teilzunehmen. Je früher dies geschieht, desto mehr Einfluss können sie vielleicht noch ausüben.

Soweit meine (zum Teil wiederholte [1; 3]) kritische Betrachtung der von den Windpark-Gegnern genannten Argumente. Soweit ich das überblicke (es ist doch mittlerweile einiges an Text zusammengekommen), habe ich die wesentlichen Punkte genannt und erörtert. Dies hilft hoffentlich interessierten Leserinnen und Lesern, sich ein eigenes Bild zu machen und meine Kritik nachzuvollziehen.

Schlusswort

Einen aus meiner Sicht sehr wichtigen Hinweis möchte ich nach all dem geschriebenen quasi als Schlusswort nochmal geben. Die Planung und Errichtung solcher Windparks geschieht wie selbige von anderen Kraftwerken oder Industrieanlagen als Ergebnis unserer Art zu leben und zu wirtschaften. Wir folgen nahezu „blind“ einer unter anderem auf unbändigen Energie- und Ressourcenverbrauch wie auch grenzenlosem Wachstum basierenden Denkweise. Wer also unbestritten vorhandene Probleme in den darauf basierenden Handlungen wie z. B. der Errichtung von Windparks erkennt, ist gut beraten, sich auch grundsätzliche Gedanken zu all dem zu machen. Denn es erfordert nur wenig Verstandestätigkeit, die Unmöglichkeit einer unendlichen Fortsetzung einer solchen Lebensweise zu erkennen. Wer sich dann den nachfolgenden Generationen gegenüber verantwortlich fühlt (das beginnt schon bei den eigenen Kindern!), sollte damit beginnen, sich an der Suche nach menschlich vertretbaren Auswegen zu beteiligen.

Wolfenbüttel, 21.03.2012

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[1] Elsner, Rainer: „Ein Windpark sorgt für aufgeheizte Diskussionen“, Ostfalen-Spiegel, 21.02.2012 (https://www.ostfalen-spiegel.de/2012/denkanstose-zu-einem-windpark/).

[2] Bürgerinitiative WindparkADe, Internetseite der BI http://www.isensee-online.de/windpark/ abgerufen zuletzt am 21.03.2012.

[3] Elsner, Rainer: Windenergiepark zwischen Wolfenbüttel–Ahlum und Dettum?: Fachbericht und Stellungnahme an die Fraktion der Piratenpartei zur möglichen politischen Lösung des Konflikts. V.1.2. Wolfenbüttel: 2012 (http://www.piratenpartei-wolfenbuettel.de/wp-content/uploads/WindenergieparkAhlumDettumV1_2.pdf).

[4] Eigene Recherchen, Gespräche u. a. mit einem Vertreter der SAB Windteam GmbH.

[5] Umweltbundesamt (UBA): Night Noise Guidelines als offizielles WHO-Dokument veröffentlicht. Informationsblatt / PDF-Datei. Dessau-Roßlau, Berlin: UBA, 2009. Online abgerufen März 2009 (http://www.umweltbundesamt.de/gesundheit/telegramm/Ausgabe06-2009-.pdf).

[6] Weltgesundheitsorganisation (WHO): Leitlinien für die Europäische Region gegen Nachtlärm. Englisch Night Noise Guidelines for Europe. Buch / PDF-Datei. Kopenhagen: WHO, 2009, Online abgerufen im Februar 2009 (http://www.euro.who.int/de/what-we-do/health-topics/environment-and-health/noise/publications/2009/night-noise-guidelines-for-europe).

[7] Ceranna, Lars; Gernot Hartmann u. Manfred Henger: Der unhörbare Lärm von Windkraftanlagen – Infraschallmessungen an einem Windrad nördlich von Hannover. Hannover: BGR, o. J., Untersuchungspaier / PDF-Datei, online abgerufen im März 2012 (http://www.bgr.bund.de/DE/Themen/Erdbeben-Gefaehrdungsanalysen/Seismologie/Downloads/infraschall_WKA.pdf?__blob=publicationFile&v=2).

[8] Robert-Koch-Institut (RKI): „Infraschall und tieffrequenter Schall – ein Thema für den umweltbezogenen Gesundheitsschutz in Deutschland? Mitteilung der Kommission „Methoden und Qualitätssicherung in der Umweltmedizin“ – Empfehlungen des Robert Koch-Instituts.“ Bundesgesundheitsblatt (2007), S. 1582-1589, Online publiziert: 30. November 2007, http://edoc.rki.de/documents/rki_ab/re67flHRghoUo/PDF/22wFEQ7q9U2VE.pdf, abgerufen am 10.02.2012.

[9] Mittwollen, Wolfgang: Informationsfahrt nach Dardesheim zur Windparkanlage Druiberg auf Einladung von Frau Dörthe Weddige-Degenhard MdL am 09. März 2012: BERICHT UND GEDÄCHTNISPROTOKOLL. Protokoll / PDF-Datei. Apelnstedt: 2012 http://www.windpark-ade.de/downloads/Fahrt-nach-Dardesheim-2012-03-09.pdf), online abgerufen am 17.03.2012.