In Wolfenbüttel: Stellungnahme zum „Energetischen Quartierskonzept Ahlumer Siedlung“
Stellungnahme zum „Energetischen Quartierskonzept Ahlumer Siedlung“
Ergänzende Stellungnahme des Bürgermitgliedes Rainer Elsner im Ausschusses für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt der Stadt Wolfenbüttel zum „Energetischen Quartierskonzept Ahlumer Siedlung“
Wolfenbüttel, 04.12.2012. (re) In der 14. Sitzung des Wolfenbütteler Bauausschusses wurde ein Sachstandsbericht zum „Energetischen Quartierskonzept Ahlumer Siedlung“ vorgetragen. Das von der Wolfenbütteler Piratenfraktion benannte parteilose Bürgermitglied Rainer Elsner hat dazu die nachfolgend wiedergegebene ergänzende Kritik als Tischvorlage dem Ausschuss vorgelegt und kurz mündlich erläutert. Der nachfolgende Text gibt den originalen Wortlaut wieder. Lediglich die Verweise (Links) auf ergänzende Informationen wurden redaktionell hinzugefügt.
14. Sitzung des Ausschusses für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt (BSU) – Stellungnahme zum TOP 5 „Energetischen Quartierskonzept Ahlumer Siedlung“
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Pink,
sehr geehrte Damen und Herren,
mit Interesse und weitgehender Zustimmung habe ich die Vorstellung des Energetischen Quartierskonzepts und die anschließende Diskussion am 8. November in der Geitelschule verfolgt. Als beratendes Mitglied des BSU möchte ich den Konzeptvorschlag aber nicht ohne ergänzende Kritik belassen.
Damit kein falscher Eindruck entsteht, stelle ich zu Beginn meiner kurzen Kritik fest, dass ich die am 8. November vorgestellte Arbeit als sehr gut und hilfreich bewerte. Der beschlossene Ausstieg aus der Atomkraftnutzung, die zunehmende Verknappung der endlichen fossilen Energieträger (Stichwort: Peak Oil) und nicht zuletzt die bereits stattfindende von Menschen verursachte Erderwärmung (Stichwort: Klimawandel) machen eine Energiewende notwendig. In der Wissenschaft lässt eine deutliche Mehrheit der Forscher keinen Zweifel mehr daran, dass eine Fortsetzung des aktuellen Trends in vielfacher Hinsicht verheerende Folgen haben wird. Es ist also geboten, zwar wohl durchdacht, aber möglichst schnell möglichst viele Maßnahmen zu ergreifen, die den Klimawandel wenigstens in einem verträglichen Maß halten und den Energieverbrauch insgesamt reduzieren. Dem kann das Energetische Quartierskonzept dienen. Somit ist es ausdrücklich zu begrüßen.
Zugleich setzt hier aber auch meine kurze Kritik an einem der von den Planungsbüros vorgetragenen Umsetzungsvorschläge an. Denn damit wird meines Erachtens ein falsches Signal gesetzt. Die Planungsbüros schlagen unter anderem vor, dass die Eigenheimbesitzer Photovoltaikanlagen auf ihren Dächern installieren sollen, die nur die Menge des eigenen Strombedarfs produzieren. Als Begründung führen die Referenten an, dass die Netzbetreiber keinen weiteren Solarstrom mehr entgegennehmen können. Deshalb würde auch die Förderung gekürzt und sich die Investitionen deshalb nicht mehr rechnen. Diese Lagebeurteilung (die keineswegs so eindeutig ausfallen muss, wie das der Vortrag suggeriert hat) hat der Referent vorgetragen, ohne weiter auf die Hintergründe der beschriebenen Entwicklung einzugehen. Dies ist unter anderem vermutlich der Kürze der zur Verfügung stehenden Zeit geschuldet gewesen, möglicherweise aber auch der auch politischen Dimension dieser Lagebeurteilung.
Deshalb möchte ich dies an dieser Stelle ergänzen: Was die Einspeisevergütung für erneuerbare Energie betrifft, so ist diese von politischen Entscheidungen auf höherer Ebene abhängig. Diese Entscheidungen können sich jederzeit wieder ändern. Was die Wirtschaftlichkeit insgesamt betrifft, so ist für die erneuerbaren Energien eine Verbesserung zu erwarten, da sich die Preise für die herkömmlichen Energieträger zunehmend verteuern werden. Außerdem sollte beachtet werden, dass gerade der Ausbau dezentraler, kleinteiliger Energieersorgungsstrukturen der regionalen Wirtschaft dient (Planungsbüros, Handwerksbetriebe, usw.).
Was die Auslastung des Stromnetzes betrifft, so spielen zwei Faktoren auf Seiten der regenerativen Energiegewinnung bei der Netzeinspeisung eine hier maßgebliche Rolle: Zum einen können die erneuerbaren Energien den Strom nicht bedarfsabhängig liefern. Und zum anderen fehlt es noch an geeigneten Speichern in ausreichender Dimensionierung für den wetter- und tageszeitabhängig produziert Strom der erneuerbaren Energiequellen. Bei einer Gesamtbetrachtung der Netzeinspeisung des Stroms kommt dann aber hinzu, dass die Stromnetze mitunter an ihre Kapazitätsgrenze stosßen, weil die bisher die Versorgung sichernden Großkraftwerke, die mit Kohle oder Uran „befeuert“ werden, nicht mit großen Lastwechseln gefahren werden können oder teilweise sollen. Auch diese Kraftwerke können den Strom also nur bedingt bedarfsabhängig liefern. Das Netz ist folglich nicht allein deswegen „dicht“, weil es „zu viel“ erneuerbar produzierten Strom gibt, sondern vor allem, weil es zugleich noch zu viel „konventionell“ produzierten Strom gibt (aus Kraftwerken mit schlechten Wirkungsgraden und den bekannten klimatischen und gesundheitlichen Folgen und Risiken).
Hinzu kommt, was an dem Abend ja bereits von Bürgerseite angemerkt wurde, dass auch der Strom, der mit am Eigenbedarf orientiert dimensionierten Anlagen produziert wird, nicht zu den Bedarfszeiten produziert wird. Auch dieser muss also gespeichert oder ins Netz eingespeist werden. Allein diese Tatsache lässt den genannten Vorschlag schon als wenig sinnvoll erscheinen. Denn die für eine Netzeinspeisung notwendigen Kosten für Wechselrichter und ähnliches fallen also so oder so an. Bereits dann erscheint es aber sinnvoll, eben möglichst viel Strom zu produzieren und einzuspeisen (und somit vergütet zu bekommen).
Weiter erscheint es meiner Auffassung nach auch widersprüchlich, wenn auf der einen Seite auch am Rand von Wolfenbüttel große Windparks geplant werden und auf der anderen Seite aber nicht alle für die Photovoltaik geeigneten Flächen genutzt werden sollen. Ein Gelingen der Energiewende funktioniert nur, wenn beide (und weitere) Pfade verfolgt werden. Und das gilt verstärkt, wenn auf einzelne Windparks oder zumindest Windkraftanlagen aus gesundheitlichen oder naturschutzrechtlichen Gründen notwendigerweise verzichtet werden muss.
Ich empfehle also, nicht falsche Signale zu setzen, sondern die Bürgerinnen und Bürger entsprechend zu informieren und neben den vorgeschlagenen Maßnahmen (die ohne Zweifel ein guter Anfang sind), weitere Maßnahmen in Angriff zu nehmen. Als Stichworte nenne ich an dieser Stelle nur beispielhaft „Bürgerkraftwerke“, „Stromspeicherung durch Wasserstofferzeugung und Einspeisung ins Gasnetz“ und „Zuhausekraftwerke“ (vom Stromversorger Lichtblick in Kooperation mit der Volkswagen AG angeboten). Gerade in einer Stadt, die eine passend ausgerichtete technische Hochschule beheimatet, sollte ein entsprechend zukunftsorientiertes Handeln möglich sein.
Antwort des Bürgermeisters schriftlich an den Ausschuss, vom 19. April 2013 (2013-04-19StellungnEQAhlumSiedlBf_AWBMPink 816 kB)
Weiterführende Informationen (redaktionell ergänzt):
- „Energetischen Quartierskonzept Ahlumer Siedlung“ (Stadt Wolfenbüttel)
- 14. Sitzung des BSU Tagesordnung und Vorlagen (Ratsinformationssystem der Stadt Wolfenbüttel (RIS))
- Ausschuss für Bau, Stadtentwicklung und Umwelt des Rates der Stadt Wolfenbüttel (RIS)
- Presseartikel 1 in wolfenbuettelheute.de
- Presseartikel 2 in wolfenbuettelheute.de
- Presseartikel in der Wolfenbütteler Zeitung (online)
- Niedersächsische Initiative für Klimaschutz in der Siedlungsentwicklung (Land Niedersachsen)
Bildnachweis: Stadtmarkt und Rathaus Wolfenbüttel (Foto: Ulf Klose, flickr.com, Lizenz: CC BY-NC-SA 2.0)